Autor:innen:
V. Schmitt (Mainz, DE)
L. Hobohm (Mainz, DE)
C. Brochhausen (Mannheim, DE)
C. Espinola-Klein (Mainz, DE)
P. Lurz (Mainz, DE)
T. Münzel (Mainz, DE)
O. Hahad (Mainz, DE)
K. Keller (Mainz, DE)
Einführung und Zielsetzung: Sarkopenie wird durch eine verringerte Masse und Leistungsfähigkeit der Skelettmuskulatur definiert. Sie stellt einen relevanten Risikofaktor bei Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) dar und geht mit einem höheren Risiko für Amputation und Mortalität einher, wobei bisher nur wenige Studien über die Prognosebeeinflussung publiziert wurden. Ziel der Studie war die Untersuchung des Einflusses der Sarkopenie auf die Behandlung und das Outcome von Patienten mit pAVK.
Methoden: Alle Hospitalisationen aufgrund einer pAVK von Menschen im Alter von ≥ 75 Jahren im Zeitraum von 2005-2020 in Deutschland wurden in die Studie eingeschlossen und für Sarkopenie stratifiziert. Zeitverlaufsanalysen sowie der Einfluss der Sarkopenie auf Therapie und klinischen Verlauf wurden untersucht.
Ergebnisse: 1.166.848 Hospitalisationen von pAVK-Patienten (medianes Alter 81,0 [78,0-85,0] Jahre; 49,5% weiblich; davon 2109 (0,2%) mit Sarkopenie) wurden eingeschlossen. Sarkopenie wurde über den Untersuchungszeitraum zunehmend kodiert (25 (0,05%) in 2005 vs. 256 (0,34%) in 2020; β 2,61 [95%Konfidenzintervall (KI) 2,42-2,80], P < 0,001) und war assoziiert mit höherem Alter (β 0,23 [95%KI 0,19-0,27], P < 0,001), weiblichem Geschlecht (52,1% vs. 49,5%, P = 0,015), Übergewicht (6,6% vs. 5,5%, P = 0,021) und einer höheren Prävalenz von Komorbiditäten wie koronare Herzkrankheit (33,5% vs. 30,9%, P = 0,009), Herzinsuffizienz (38,4% vs. 19,2%, P < 0,001), Vorhofflimmern/-flattern (37,1% vs. 25,1%, P < 0,001), akute/chronische Nierenschädigung (53,8% vs. 37,8%, P < 0,001) und Diabetes mellitus (39,5% vs. 35,3%, P < 0,001), was sich auch in einem höheren Charlson Komorbiditätsindex widergespiegelte (7,00 [6,00-9,00] vs. 6,00 [5,00-7,00], P < 0,001). Des Weiteren war Sarkopenie bei pAVK-Patienten vergesellschaftet mit einem längeren Krankenhausaufenthalt (Odds Ratio (OR) 4,882 [95%KI 4,378-5,445], P < 0,001), geringeren Reperfusionsraten (endovaskuläre Intervention: OR 0,409 [95%KI 0,358-0,466], P < 0,001; chirurgische Revaskularisation: OR 0,705 [95%KI 0,617-0,805], P < 0,001), häufigerer Amputation (OR 1,365 [95%KI 1,231-1,514], P < 0,001) und einem höheren Risiko für Ereignisse während des Krankenhausaufenthaltes wie venöse Thrombose/Thrombophlebitis (OR 2,007 [95%KI 1,406-2,865], P < 0,001), Lungenembolie (OR 2,071 95%KI 1,073-3,997], P = 0,030), Pneumonie (OR 2,066 [95%KI 1,752-2,436], P = 0,011), MACCE (OR 1,313 [95%KI 1,141-1,512], P < 0,001) und inner-klinischem Tod (OR 1,229 [95%KI 1,052-1,436], P = 0,009).
Schlussfolgerungen: Sarkopenie ist eine weitgehend wenig beachtete und unterschätzte Komorbidität mit hoher klinischer Relevanz in älteren Patienten mit pAVK. Zwar nahm die Kodierung der Sarkopenie bei Patienten mit pAVK im Zeitverlauf zu, war jedoch weiterhin marginal. Das Bewusstsein für diese Erkrankung muss bei den Behandelnden gestärkt werden.