Einführung
Über 100.000 Menschen in Deutschland besitzen keine Krankenversicherung. Zahlreiche Einrichtungen versuchen ihnen eine medizinische Versorgung zu ermöglichen. Eine Übersicht über deren Strukturen und Fähigkeiten besteht nicht.
Methoden
Identifizierung der Einrichtungen für Menschen ohne Krankenversicherung durch eine Internetrecherche nach Gebietskörperschaften. Die Einrichtungen erhielten eine schriftliche Einladung zur Beantwortung eines Fragebogens mit 81 Fragen. Der Fragebogen wurde in einem zweistufigen Delphi-Verfahren entwickelt. Die Beantwortung erfolgte online und postalisch.
Ergebnisse
128 Einrichtungen wurden deutschlandweit identifiziert, davon beteiligten sich 68 (53,1%) an der Studie. 53,8% bieten eine ortsfeste, 11,1% eine mobile Versorgungseinrichtungen an, 23,9 % vermitteln lediglich Hilfe und 11,9% bieten eine sozialversicherungsrechtliche Beratung. 98,5 % sind mit anderen sozialen Einrichtungen vernetzt. 64,7% bieten Sprechstunden an festen Tagen, 27,9% nach Bedarf, 25,0% eine Telefonhotline für allgemeine Fragen, 35,3% eine offene Sprechstunde und 32,1% Hausbesuche an. 92,4% bieten eine anonyme Versorgung.
Die Einrichtungen bewerten ihr Versorgungsniveau gut halb so hoch wie das einer kassenärztlichen Praxis. 77,8% der Einrichtungen befanden sich in Großstädten. Pro Einrichtung wurden 2022 im Mittel 487±782,9 Patienten (10-3.900) und in Summe 26.300 versorgt. Die Ausgaben lagen 2022 im Mittel bei 151.609±514.883,3 € (15-3.371.030 €). Die Finanzierung ist stark von den Spenden privater Personen abhängig. 67,7% könnten ohne Spenden nicht existieren. 17,7% verfügen eine Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Einrichtungen bestehen im Mittel seit 11,6±7,9 Jahre (1-41 Jahre). 72,3% der Einrichtung waren die erste in ihrer Region.
Die Verteilung der Erkrankungen ist inhomogen, teils abhängig von der Zielgruppe der Patienten. Im Mittel benötigen 44,0% aller Patienten eine Versorgung aus dem Bereich Allgemeinmedizin / Innere Medizin, 28,7% aus der Frauenheilkunde / Geburtshilfe, 20,0% Zahnmedizin, 31,1% Psychiatrie / Psychologie und 16,0% Chirurgie. Nur 23,5% können mit eigenen Ärzten eine Versorgung außerhalb der Allgemeinmedizin anbieten und 35,3% müssen sich auf eine allgemeinmedizinische Versorgung beschränken. Die pädiatrische und gynäkologische Facharztversorgung ist bundesweit heterogen (Tab. 1). 86,8% können eine zahnärztliche Versorgung, 86,8% eine kleine Wundversorgung, 83,9% Laboruntersuchungen und 66,2% radiologische Untersuchungen anbieten (Tab. 2). 32,8% besitzen ein Qualitätsmanagement. 63,2% ermöglichen eine palliative Versorgung. Im Mittel wurden in den letzten 5 Jahren pro Einrichtung 7±4,8 Menschen in palliativer Situation versorgt. 35,9% kooperieren mit einem Pflegedienst.
Schlussfolgerungen
Menschen ohne Krankenversicherung sind von einer sehr heterogenen Versorgung anhängig. Ihr Wohnort und das dortige bürgerschaftliche Engagement/Spendenaufkommen entscheiden über den Umfang der Versorgung.
Einführung/Zielsetzung:
Patient:innen mit Bluthochdruck, Diabetes mellitus und/oder kardiovaskulären Vorerkrankungen (CVD) sind besonders gefährdet, eine chronische Nierenerkrankung (CKD) zu entwickeln. Aus diesem Grund sollten insbesondere diese Risikopatient:innen gemäß entsprechender Leitlinien engmaschig gescreent, überwacht und behandelt werden. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist wichtig, da durch die verfügbaren Therapieoptionen der Krankheitsverlauf der CKD verlangsamt und das Risiko von kardiovaskulären Komplikationen, terminaler Niereninsuffizienz und vorzeitigem Versterben gesenkt werden kann. Die Datenlage zur Versorgungssituation von Patient:innen mit erhöhtem CKD-Risiko in deutschen Hausarztpraxen ist bisher unzureichend. Die InspeCKD-Studie wurde daher initiiert, um sowohl die Prävalenz als auch die Maßnahmen hinsichtlich Screening, Diagnostik und Therapie der CKD in diesem Kollektiv zu untersuchen.
Methoden:
Für die vorliegende Datenanalyse wurden elektronische, vollständig anonymisierte Patient:innen-Datensätze deutscher Hausarztpraxen im Studienzeitraum 2020-2023 ausgewertet. Eingeschlossen wurden, gemäß Screening-Empfehlungen der KDIGO-Leitlinien, Patient:innen mit Bluthochdruck und/oder Diabetes mellitus und/oder CVD mit einer Beobachtungszeit von mindestens einem Jahr. Primärer Endpunkt der InspeCKD-Studie ist die Ermittlung der Prävalenz diagnostizierter und nicht-diagnostizierter CKD bei Patient:innen mit erhöhtem CKD-Risiko.
Ergebnisse:
Es wurden Daten von 448.837 Patient:innen (52,1% Frauen) aus 1244 deutschen Hausarztpraxen analysiert. Das Durchschnittsalter der Patient:innen betrug 65,1 Jahre. 75,8% der Patient:innen litten an Bluthochdruck, 32,4% an Diabetes mellitus und 35,1% hatten eine CVD in der Vorgeschichte.
Eine CKD-Diagnose kann gemäß KDIGO-Leitlinien gestellt werden, wenn mindestens 2 Serumkreatinin- oder mindestens 2 UACR-Bestimmungen im Abstand von mindestens drei Monaten durchgeführt werden. Bei 28,6% der Studienpopulation lag diese Diagnostik vor. Die Prävalenz der CKD lag in dieser Subpopulation bei 18,8%.
Eine ICD-Diagnose für CKD wurde bei 16,5% dieser Patient:innen dokumentiert - 83,5% der Patient:innen mit erfüllter Krankheitsdefinition blieben ohne Diagnose.
Schlussfolgerungen:
Obwohl die vorliegende Analyse nur Patient:innen mit Risikofaktoren für die Entwicklung einer CKD erfasste, lag lediglich bei ca. einem Viertel des Risikokollektivs eine für eine CKD-Diagnose ausreichende Labordiagnostik vor. Unter den ausreichend gescreenten Patient:innen konnte bei 18,8% eine CKD nachgewiesen werden. Dass von den Patient:innen mit laborchemischer CKD über 80% ohne Diagnose blieben, offenbart einen großen Handlungsbedarf in Bezug auf die Awareness der CKD in deutschen Hausarztpraxen. Die InspeCKD-Studie zeigt, dass eine stärkere Sensibilisierung der Hausärzt:innen für dieses unterschätzte Krankheitsbild dringend erforderlich ist.
Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) hat sich als wirksame Erweiterung der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) in der Behandlung chronischer Schmerzen etabliert. Das Online-Therapieprogramm "HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz" setzt als ACT-basierte KVT die leitliniengerechte Versorgung von Patient:innen mit chronischen Schmerzen um und adressiert mit der Reduktion der Schmerzbeeinträchtigung ein zentrales Therapieziel bei der Behandlung chronischer Schmerzen.
“HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz” ist seit Dezember 2021 als digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) Teil der Regelversorgung und wurde im Rahmen des Zulassungsverfahrens als DiGA in einer randomisierten kontrollierten Studie (N = 360, DRKS00027176) evaluiert. In der vorliegenden Untersuchung wurden Anwendungsbeobachtungen der DiGA aus der Versorgung (Real-World-Evidence) ausgewertet, um ein umfassenderes Verständnis für die Wirksamkeit der DiGA zu erlangen.
In der Analyse wurden Daten von 1402 Nutzenden, die die DiGA zwischen Dezember 2021 und September 2023 verwendeten, ausgewertet. Im Rahmen der Nutzung der DiGA werden Erhebungen zur Erfassung der Schmerzbeeinträchtigung, operationalisiert anhand der Interferenzskala des Multidimensional Pain Inventory (MPI), durchgeführt. Für die Analyse der Real-World-Evidence wurde eine Erhebung vor Beginn des Programms als Ausgangswert und als Post-Befragung die zuletzt bearbeitete Erhebung der Teilnehmenden, die innerhalb des empfohlenen Bearbeitungszeitraumes lag, ausgewertet. Es wurden alle Nutzenden berücksichtigt, unabhängig von der Anzahl absolvierter Kurseinheiten. Der Interventionseffekt auf die Schmerzbeeinträchtigung wurde durch die Berechnung der standardisierten Effektstärke (Cohen’s d) ermittelt. In einer Sensitivitätsanalyse wurde zusätzlich die Wirksamkeit im Rahmen einer Per-Protocol-Analyse mit Nutzenden, die mindestens 5 der 7 Einheiten absolviert hatten (n = 938), evaluiert.
Die Auswertung der Anwendungsdaten zeigte, dass Nutzende der DiGA eine substanzielle Reduktion der Schmerzbeeinträchtigung aufwiesen, mit einer durchschnittlichen Reduktion um 0,62 Skalenpunkte (SD = 1,00) auf der Interferenzskala des MPI (d = 0,62). In der Per-Protocol-Analyse reduzierte sich die Schmerzbeeinträchtigung bei Nutzenden mit mindestens 5 abgeschlossenen Einheiten um durchschnittlich 0,73 Skalenpunkte (SD = 1,04) auf der Interferenzskala des MPI (d = 0,70).
Diese Ergebnisse der Analyse der Anwendungsbeobachtungen untermauern die Ergebnisse der randomisierten kontrollierten Studie, die zur dauerhaften Listung von “HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz” als DiGA durchgeführt wurde. Die Daten zeigen, dass die DiGA eine substanzielle Reduktion der Schmerzbeeinträchtigung bewirken kann. Angesichts der unzureichenden Verfügbarkeit psychotherapeutischer Angebote für die Behandlung chronischer Schmerzen sind effektive und niedrigschwellige Behandlungsmethoden in der Regelversorgung von großer Bedeutung.
Aktuelle Anamnese
Aufnahme des 82jährigen Pat. mit NSTEMI. Vor Koronarangiographie stürzte der Pat. (Tag d0). Die cCT zeigten ein Subduralhämatom im Sulcus frontalis inferior re., eine neue Blutung bds. frontotemporal, ein bekanntes Hygrom li. frontal und eine Mittellinienverlagerung. Die Koronarangiographie wurde verschoben, Medikation auf ASS 100 mono reduziert. Entlassung d5.
Am Tag d6 (04.11.2023) synkopierte der 82jährige Patient zuhause und wurde notfallmäßig vorgestellt. Bei LWK1-Fraktur mit Hinterkantenbeteiligung und einer Rippenserienfraktur der 6.-9. Rippe rechts stationäre Aufnahme. Die cCT-Kontrolle (d7) zeigte eine Zunahme des SDH bzw. Hygroms links und eine diskrete Regredienz der frischeren Läsionen.
Nach Anlage einer SpinoMed®-Orthese erfolgte (d11) die Übernahme in die Geriatrie zur Komplexbehandlung. Nebenbefundlich Hypothyreose, Urin-Dranginkontinenz, arterielle Hypertonie, HFpEF (EF 63%, NT-proBNP 3757 pg/ml) sowie AV-Block I°, kpl. RSB, QTc-Zeit 495 ms.
Laborverlauf
Natrium (d6) 129 mmol/l, Behandlung mit Kochsalztabletten. Bei Übernahme (d11) Na=129 mmol/l und Absetzen der Kochsalzsubstitution. Rückblickend schon Hyponatriämie am Tag der Synkope (d0, Na=128). Laborverlauf in Tabelle 1.
Differenzialdiagnose der Hyponatriämie
Ein SIADH, wie zunächst vermutet, schied aufgrund mehrfach gemessener normaler Serumosmolaliät aus. Eine NNR-Insuffizienz bestand nicht [1,2]. Bei Medikation mit L-Thyroxin 100 µg war das TSH erhöht (15,3 µIU/l), fT4 normal, fT3 niedrig mit 1,48 pmol/l. Die V.cava-Sonographie zeigte eine Euvolämie, die Echokardiographie (EF=63%, d-9) wurde nicht wiederholt bei fehlenden Dekompensationszeichen. Darüber hinaus war die frische Blutung (d0) mit einer Hyponatriämie von 128 mmol/l einher gegangen, das Natrium fiel im Verlauf nicht weiter.
L-Thyroxin wurde angepasst, die diskrete Hypothyreose erklärt die Hyponatriämie aber nicht. Torasemid wurde pausiert. Die übrigen Pharmaka (Metoprolol, Pantozol, Inegy®, Tilidin, Macrogol, Novamin, Candesartan) erklärten die Hyponatriämie ebenfalls nicht. Bei überaktiver Blase bestand eine Medikation mit Tolterodin 4mg, die wir zunächst fortgeführt hatten.
In Kenntnis von fünf Kasuistiken, die Hyponatriämien unter Tolterodin beschreiben [3,4,5,6,7] wurde diese Substanz vor Entlassung abgesetzt. Der Pat. wurde kardial stabil ohne Torasemid entlassen, ambulant wurde dies wieder begonnen. Bei subsequenter poststationärer Kontrolle (d44) war das Natrium normal mit 135 mmol/l.
Fazit
Der Abfall des Serumnatriums nach NSTEMI ist durch eine passagere Herzleistungsverschlechterung erklärt. Gleichwohl stieg das Natrium nach effektiver Optimierung der Herzinsuffizienzmedikation nicht. Nach Absetzen des Tolterodin und späterem Wiederbeginn des Torasemid bestand Normonatriämie. Daher ist Tolterodin hier als Mitverursacher der Hyponatriämie anzunehmen. Auf der Naranjo-Skala [8] ist die Nebenwirkung „möglich“ (Score 3).
Scores: 1-4: möglich; 5-8: wahrscheinlich; 9-13: definitiv.
Einführung/Zielsetzung:
Aufgabe physiotherapeutischer Maßnahmen bei Palliativpatienten ist Schmerzlinderung, Förderung der aktiven Bewegungsmöglichkeiten und damit Verbesserung von Lebensqualität und Wohlbefinden. Damit stellt die Physiotherapie in der palliativmedizinischen Versorgung eine wichtige Ergänzung zur ärztlichen und medikamentösen Therapie dar. Ziel dieser Studie ist, die spezifischen Herausforderungen, Selbstwahrnehmung und Therapieansätze von Physiotherapeuten (PT) in der Palliative Care (PC) zu erfassen.
Methoden:
Es handelt sich um eine anonyme online Befragung von deutschen Physiotherapeuten mit einem 22 Fragen umfassenden Fragebogen. Die Daten wurden deskriptiv analysiert und es wurde eine thematische Auswertung der Freitextantworten vorgenommen.
Ergebnisse:
Es konnten insgesamt 450 gültige Antworten ausgewertet werden, davon arbeiten 349 der Befragten im Bereich von PC. Eine der Hauptaufgaben bei der Behandlung von Palliativpatienten ist die Atemtherapie (85%), gefolgt von allgemeinen krankengymnastischen Maßnahmen (82%) und Massageanwendungen (72%). 71% der Befragten führen ADL-Training zur besseren Bewältigung des alltäglichen Lebens durch. Aus den Freitextantworten wurden 5 Themenbereiche herausgearbeitet, die die Arbeit und Problemstellungen der PT in PC darstellen. Die Arbeit der PT geht über die rein therapeutischen Aufgaben hinaus. Sie bieten nicht nur körperliche, sondern auch psychosoziale Unterstützung. Ein zentrales Problem ist die von den Krankenkassen finanzierte Therapiedauer von lediglich 20 Minuten. Diese Zeitspanne reicht oft nicht aus, um die Therapie individuell zu gestalten und sich angemessen auf den jeweiligen Tageszustand der Patienten einzustellen. Des Weiteren wurde festgestellt, dass bei jenen PT, die bisher nicht mit Palliativpatienten zusammengearbeitet haben, ein hoher Bedarf an Fort- und Weiterbildung besteht. Viele von ihnen sind unsicher bezüglich der Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich. Ohne geeignete Weiterbildung fühlen sie sich oft nicht in der Lage, adäquat mit dieser speziellen Patientengruppe zu arbeiten. Viele PT empfinden, zu spät in die Behandlung einbezogen zu werden. Zudem mangelt es oft an Wissen darüber, welches Spektrum an Expertise sie bieten können.
Schlussfolgerung:
Die besonderen Herausforderungen der in PC tätigen PT bestehen darin, dass sie eine besondere Sensibilität und Flexibilität aufweisen müssen, um sich individuell an den Gesundheitszustand und die Bedürfnisse ihrer Patienten anzupassen. Ein von den Krankenkassen festgelegter Zeitrahmen von 20 Minuten pro Behandlungseinheit entspricht nicht immer den tatsächlichen Anforderungen und Bedürfnissen der schwerkranken Patienten. Es bedarf mehr an Aus- und Fortbildungsprogrammen, sowohl auf Seiten der PT als auch bei anderen Berufsgruppen der PC, um PT entsprechend ihrer Qualifikation gezielt und frühzeitig einsetzen zu können.
Einführung
Das Internetportal embryotox.de informiert auf Basis wissenschaftlicher Evidenz zur Arzneimitteltherapiesicherheit in Schwangerschaft und Stillzeit; im Jahr 2022 wurden über 3,7 Millionen Nutzerinnen und Nutzer gezählt. Embryotox.de wird vom Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin erstellt, ist frei zugänglich und verfolgt keine kommerziellen Interessen. Das Internetportal bietet Informationen zu etwa 400 Arzneimitteln und wird von Fachkreisen und Patientinnen genutzt. Eine Mixed-Method-Studie untersucht derzeit die Funktion von embryotox.de in der Versorgungspraxis. Die folgende Teilauswertung fokussiert die Nutzung in der hausärztlichen Versorgung schwangerer und stillender Patientinnen.
Methoden
Vom 4. Mai bis 12. Dezember 2022 wurde ein Online-Fragebogen auf allen Arzneimittelinformationsseiten von embryotox.de platziert. Dieser enthielt Fragen zu folgenden Themen: Nutzercharakteristika, klinische Ausgangssituation, Verständlichkeit der Inhalte, Änderungen der Risikowahrnehmung bzw. der Medikation aufgrund der Informationen auf embryotox.de. Antworten waren im Rahmen einer Multiple-Choice-Auswahl oder als Einschätzung auf einer Likert-Skala von 0 (überhaupt nicht) bis 10 (vollständig) möglich. Die vorliegende Analyse wertet mithilfe deskriptiver Statistik alle Fragebögen aus, die vollständig ausgefüllt wurden.
Ergebnisse
1.676 der insgesamt 14.562 ausgefüllten Fragebögen wurden von Ärztinnen und Ärzten ausgefüllt, 22,7% davon (n=381) sind hausärztlich tätig. Diese Fachgruppe recherchierte am häufigsten auf den Arzneimittelinformationsseiten zu Antibiotika (18,1% bzw. n=69 Fragebögen) und weiteren Antiinfektiva (7,3% bzw. n=28) sowie zu Nicht-Opioid-Analgetika (17,3% bzw. n=66). 62,7% (n=239) gaben an, die gleiche Arzneimittelinformationsseite mindestens zum vierten Mal zu nutzen. Der Mittelwert für die Verständlichkeit der genutzten Arzneimittelinformationsseiten lag bei 9,3 (Likert-Skala). 84,8% (n=323) recherchierten zu einem konkreten klinischen Fall, davon 9,0% (n=29) bei Kinderwunsch, 46,1% (n=149) zu einer laufenden Schwangerschaft, 37,8% (n=122) zur Stillzeit und 7,1% (n=23) zu anderen klinischen Situationen. In 70,6% (n=228) der Fälle war noch nicht mit der medikamentösen Therapie begonnen worden; eine Änderung der Medikation aufgrund der auf embryotox.de gefundenen Informationen wurde in 27,2% (n=88) der Fälle erwogen.
Schlussfolgerung
Hausärztinnen und -ärzte sind in einem bedeutsamen Maß an der Versorgung von schwangeren und stillenden Patientinnen beteiligt. Sie scheinen embryotox.de insbesondere bei akuten medizinischen Problemen wie Infekten und Schmerzen bei schwangeren und stillenden Frauen in Anspruch zu nehmen. Das Internetportal wird zur Planung und Bestätigung einer Medikation genutzt und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit und Compliance während Schwangerschaft und Stillzeit.
Einleitung: 2023 werden 110 Millionen Smartwatch-Verkäufe erwartet1. Immer mehr Smartwatches haben eine EKG Funktion und verfügen damit über eine Funktion, die bisher einer ärztlichen Indikationsstellung unterlag. Der Laie kann jeder Zeit selbst ein EKG aufzeichnen. Smartwatches können als Screeningtool für Vorhofflimmern (VHF) eingesetzt werden 2. Allerdings ist oft keine Zeit zur ärztlichen Begutachtung eines EKGs verfügbar. Wie gelingt es solche EKGs ärztlich zu bewerten, ohne das Gesundheitssystem weiter zu strapazieren?
Methoden: Smartwatch EKGs sind 30 Sek. lang und artefaktbelastet (bis 20 % nicht auswertbar). Die Algorithmen geben automatisch den Hinweis auf VHF. Unter Alltagsbedingungen ist die Sensitivität dafür etwa 80%3. Bei einer Frequenz von 120 bzw. 150 /min6 sind die Algorithmen nicht in der Lage auf VHF zu prüfen. Aber ein Drittel der Patienten mit VHF weißt diese Frequenzen auf4,5. Andere Rhythmusstörungen können die Diagnostik stören und zu falsch positiven oder negativen Befunden führen. Beim Smartwatch-basierten Screening auf VHF werden EKG Aufnahmen nur intermittierend erfolgen. Da VHF oft sporadisch auftritt 7, entstehen diagn. Lücken.
Ergebnisse: Smartwatch-Nutzer sind medizinische Laien. Falsch positive Befunde führen zu Verunsicherung. Eine ärztliche Beurteilung ist notwendig, erfolgt aber meist nicht. Um diese Versorgungslücke zu schließen, wurde der CardioCheck entwickelt. Das EKG kann an cardio@myritmo.de zur ärztlichen Validierung gesandt werden. Die seit Start des Services bewerteten EKGs bestätigen die Angaben in der Literatur. Probleme des Algorithmus bestehen bei hohen und niedrigen Herzfrequenzen sowie bei Extrasystolen. Es zeigten sich dann gehäuft falsch positive Ergebnisse. Die ärztliche Validierung ergab in allen Fällen eine eindeutige Diagnostik. Bei V.a. auf eine Rhythmusstörung, die ein Langzeit-EKG erfordert, konnte ein solches von zu Hause aus erfolgen. Dafür wurden kabellose Devices zugesandt. Nach Rücksendung wurden die Daten (72 Stunden EKG Aufnahme) durch ein KI-Programm ausgewertet und ärztlich validiert. Das Ergebnis kann in einem Gespräch erläutert werden.
Schlussfolgerungen: Daten zeigen, dass Käufer von Smartwatches jünger sind8, Herzrhythmusstörungen aber oft eine Diagnose bei Älteren sind. Die Algorithmen sind meist nicht in der Lage harmlose von schwerwiegenden Rhythmusstörungen zu unterscheiden. Ein Selbstminitöring kann zu Suchtverhalten und Verunsicherung führen. Durch einen niederschwelligen Service mit ärztlicher Einschätzung kann dieser Kreislauf durchbrochen werden. Die Leitlinien empfehlen ein EKG-Screening bei Älteren zur Schlaganfallprophylaxe. Ein Smartwatch-EKG Screening weißt, wie die AppleHeart-Study zeigt (nur 0,52 % VHF), diagnostische Lücken auf9, ist aber prinzipiell möglich und sollte durch ein LZ-EKG ergänzt werden. Ein ausgelagerter, ärztlicher Service zur Begutachtung von EKGs entlastet das Gesundheitssystem, kann eine Vorselektion übernehmen und schafft Sicherheit.
Einführung, Zielsetzung: Halsschmerzen als Symptom einer akuten Pharyngitis gehören zu den Hauptursachen für Hausarztbesuche in Deutschland. 46% der Patienten mit akuter Pharyngitis erhalten nach Arztkonsultation eine Verschreibung für ein Antibiotikum (AB). Allerdings wird eine akute Pharyngitis nur in 15-30% der Fälle durch Bakterien ausgelöst. Haupterreger einer bakteriellen Pharyngitis sind Streptokokken der Gruppe A, die durch einen Point-of-Care (PoC) Test in der Arztpraxis nachgewiesen werden könnten. Dadurch könnten AB-Verordnungen reduziert und möglichen Antibiotikaresistenzen und UAW entgegengewirkt werden. Vorliegende Studien zeigen, dass AB nur noch in etwa 20% der Fälle verschrieben werden, wenn zuvor ein PoC-Test durchgeführt wurde. Allerdings kommen diese Tests aktuell bei erwachsenen Patienten kaum zum Einsatz, da ihre Durchführung nicht vergütet und der Test nicht erstattet wird. Anhand der vorliegenden Analyse soll gezeigt werden, inwiefern die Erstattung von PoC-Tests in der Indikation Halsschmerzen die AB-Verordnungen sowie die Kosten aus Perspektive der GKV sowie der GKV-Versichertengemeinschaft beeinflusst.
Methoden: Ausgehend von dem Patientenkollektiv, für das nach DEGAM-Leitlinie eine AB-Verschreibung in Betracht kommt, wurde anhand eines Entscheidungsbaums der aktuelle Status quo ohne Erstattung von PoC-Tests dem Szenario GKV-Erstattung gegenübergestellt. Berücksichtigt wurden in dem Modell als ärztliche Handlungsoptionen die Durchführung eines PoC-Tests, die Verschreibung eines AB und die Empfehlung eines OTC-Produktes. Sowohl die Wahrscheinlichkeiten als auch die Kosten wurden für jeden Pfad ermittelt. Die Budgeteffekte wurden aus GKV-Perspektive und Perspektive der GKV-Versichertengemeinschaft berechnet. Darüber hinaus wurde der Einfluss auf die Zahl der AB-Verordnungen und die AB-Verordnungen ohne Vorliegen eines bakteriellen Infekts ermittelt. Sensitivitätsanalysen wurden durchgeführt.
Ergebnisse: Die Erstattung der Strep-A-Tests führt nicht zu Mehrkosten seitens der GKV oder der GKV-Versichertengemeinschaft (Abb. 1). Der Kostenvergleich pro Patient zeigt, dass aus der Perspektive der GKV- bzw. der Versichertengemeinschaft bei Erstattung der PoC-Tests eine Reduktion der Interventionskosten von durchschnittlich 51 bzw. 67 ct resultiert. Gleichzeitig können die AB-Verordnungen um etwa 40% gegenüber dem Status quo reduziert werden (Abb. 2). Je mehr Tests durchgeführt werden, desto weniger AB werden verschrieben. Insbesondere werden AB-Verschreibungen bei Patienten ohne bakteriellen Infekt um knapp 70% verringert (Abb. 3). Im Rahmen der Sensitivitätsanalysen erweisen sich die Untersuchungsergebnisse als robust.
Schlussfolgerungen: Die Erstattung der PoC Strep-A-Tests in der Hausarztpraxis erweist sich gegenüber der Nichterstattung als dominante Strategie: Die Verordnung von nicht indizierten AB bei Pharyngitis kann reduziert werden, ohne dass dabei Mehrkosten für die GKV oder die GKV-Versichertengemeinschaft entstehen.
Das Streben nach Glück & das Bedürfnis nach einem erfüllten Leben geben für viele Menschen die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, so auch in berufl. Hinsicht - eine bedeutende Rolle spielt hierbei die Entscheidungsfindung eines passenden Studiums & Berufes.
Fragestellung: Inwiefern könnte gerade das Humanmedizinstudium die treffende Wahl für die Erfüllung von Motiven & Beweggründen, Haltungen, Denken & Zielvorstellungen aus individueller Sicht sein.
Ergebnisse (Eckpunkte): - Leben retten & einen Beitrag zum gesellschaftl. Zusammenleben leisten: Diese altruistischen & engagierten Motive legen meist das Fundament bei der Entscheidungsfindung für ein Humanmedizinstudium - Arztsein kann daher nicht nur eine sinnstiftende & erfüllende Tätigkeit sein, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft & der Gesundheitsversorgung leisten.
- Das Medizinstudium ist grundsätzlich nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch fachlich abwechslungsreich, mit stetigem Erkenntniszuwachs versehen sowie im Fächerspektrum enorm breit (u. a. naturwissenschaftlich, ethisch, sozial, gesundheitspolitisch/-ökonomisch, psychologisch, medizinhistorisch u. a.) aufgestellt.
- Weitere Faktoren für ein Humanmedizinstudium sind Praxisorientiertheit, Ansehen, Selbstverwirklichung & Vereinbarung mit Individualbedürfnissen.
- Neben dem individuellen Interessenkonflikt (Überzeugung, Willenskraft versus Zweifel & Ungewissheit) stellt sich gleichzeitig aber auch die Kompetenzfrage.
- Weiterhin geht es um das Bewusstwerden von charakterl. Eignung, Persönlichkeitsmerkmalen, gesellschaftl. Stellung & Anerkennung, Rolle als medizinischer Meinungsbildner sowie Gesundheitsvorsorger & -erzieher, einer angemessen stolzen Berufsbildbetrachtung, Resilienz gegenüber Stress, nicht unerhebl. Arbeitsverdichtung, psychischem Druck als auch teils physischer Belastung.
- Unterschiedlich erzielte Erfahrungswerte, ob ärztl. Tätigkeit von Eltern oder Verwandten, frische, aktive Studieneindrücke & -erlebnisse von Freunden oder nahestehenden Personen, eigens gewonnene Impressionen von „Tag(en) der offenen Tür“, berufsorientierenden Praktika in Gesundheitseinrichtungen oder Arztpraxen bzw. (Hilfs-)Pflegetätigkeit weisen ein erheblich unterstützendes Potenzial hinsichtlich der Erzielung einer kompetenten Urteilsfähigkeit zum Thema Humanmedizinstudium auf.
- Wenn sich früh angestellte Überlegungen bewahrheiten & als Praxis-relevant & realitätsnah darstellen, sollten gute Voraussetzungen gegeben sein, dass eine nachhaltige Grundlage für eine solide Berufszufriedenheit besteht.
Schlussfolgerung: Gerade die breite Themenaufstellung & ihre zahlreich assoziierten Aspekte macht den ungemein großen Reiz & die Attraktivität aus, die vom Fach Humanmedizin ausgehen. Das Studium arbeitet in seiner Bewältigung auf einen der aufregendsten & teils erfüllendsten Berufe des Menschen hin & krönt es bei erfolgreichem Abschluss mit der Approbation sowie dem „Hippokratischen Eid“, dem Arzt(da)sein.