Autor:innen:
V. Schmitt (Mainz, DE)
L. Hobohm (Mainz, DE)
O. Hahad (Mainz, DE)
T. Münzel (Mainz, DE)
P. Lurz (Mainz, DE)
T. Gori (Mainz, DE)
K. Keller (Mainz, DE)
Hintergrund: Synkopen haben meist benigne Ursachen, können aber auch infolge Herzrhythmusstörungen oder verminderter kardialer Auswurfleistung auftreten. Der Einfluss einer Synkope auf den klinischen Verlauf bei hospitalisierten Myokardinfarktpatienten wurde untersucht.
Methoden: Von 2005 bis 2020 in Deutschland aufgrund eines Myokardinfarkts (MI) hospitalisierte Patienten wurden bzgl. des Auftretens einer Synkope stratifiziert, basierend auf ICD-10-GM Codes und dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (Quelle: RDC des Statistischen Bundesamtes, DRG Statistiken 2005-2020, und eigene Berechnungen).
Ergebnisse: 4.409.597 Hospitalisationen aufgrund akutem MI (37,0% weiblich; 56,5% >70 Jahre) wurden eingeschlossen. Bei 79.847 (1,8%) Fällen wurde zusätzlich eine Synkope kodiert. MI Patienten mit Synkope waren älter (79,0 [Interquartilsabstand (interquartile range, IQR) 70,0-84,0] vs. 73,0 [IQR 62,0-81,0], P < 0,001) und häufiger weiblich (44,7% vs. 36,8%, P < 0,001). Die Prävalenz kardiovaskulärer RF wie arterielle Hypertonie (53,6% vs. 55,4%, P < 0,001) war meist geringer. Hinsichtlich Komorbiditäten kamen Vorhofflimmern/-flattern (VHF) (30,2% vs. 22,4%, P < 0,001) und Niereninsuffizienz (NI, 36,5% vs. 28,1%, P < 0,001) bei Patienten mit Synkope häufiger vor. RF für eine Synkope bei Patienten mit MI waren hohes Alter (≥70 Jahre, Odds Ratio (OR) 2,07 [95%Konfidenzintervall (KI) 2,04-2,11], P < 0,001), VHF (OR 1,22 [95%KI 1,20-1,24], P < 0,001), NI (OR 1,20 [95%KI 1,18-1,22], P < 0,001) und Lungenarterienembolie (LAE, OR 1,90 [95%KI 1,79-2,02], P < 0,001). Bei MI Patienten mit Synkope wurde seltener eine Koronarangiographie (46,5% vs. 58,1%, P < 0,001), Koronarintervention (PCI, 29,0% vs. 44,7%, P < 0,001) und koronare Bypass-Operation (2,6% vs. 4,7%, P < 0,001) durchgeführt. MI Patienten mit Synkope wiesen eine geringere Mortalität (10,5% vs. 12,0%, P < 0,001) und Auftreten von Schock (5,8% vs. 7,3%, P < 0,001) auf, vermutlich dadurch bedingt, dass Patienten im Schock oder nach Reanimation (CPR), welche weiterhin ohne Bewusstsein sind und eine schlechtere Prognose aufweisen, nicht als Synkope kodiert werden. Die Häufigkeit einer CPR während des Krankenhausaufenthaltes unterschied sich zwischen beiden Gruppen nicht (P=0,439). Hingegen traten LAE (1,5% vs. 0,7%, P < 0,001), tiefe Venenthrombose/Thrombophlebitis (TVT, 1,1% vs. 0,7%, P < 0,001), Apoplex (3,0% vs. 2,8%, P < 0,001), gastrointestinale Blutung (GIB, 2,3% vs. 1,5%, P < 0,001) und Transfusion (12,8% vs. 12,4%, P < 0,001) häufiger bei MI Patienten mit Synkope auf. Synkope war mit geringerer Mortalität assoziiert (OR 0,65 [95%KI 0,63-0,66], P < 0,001), jedoch mit höherem Auftreten von LAE (OR 1,90 [95%KI 1,79-2,02], P < 0,001), TVT (OR 1,52 [95%KI 1,42-1,62], P < 0,001) und GIB (OR 1,34 [95%KI 1,28-1,41], P < 0,001).
Schlussfolgerung: Eine Synkope ist bei MI Patienten mit unerwünschten Ereignissen wie LAE, Thrombose und Blutungsereignissen assoziiert, nicht jedoch mit höherer Mortalität.