Autor:innen:
A. Quermann (Leipzig, DE)
P. Dietz (Graz, AT)
P. Simon (Mainz, DE)
R. Ulrich (Tübingen, DE)
Mittels der Randomized-Response-Technik (RRT) konnten in den letzten Jahren hohe Prävalenzen für Medikamentenmissbrauch und illegalen Drogenkonsum mit dem Zweck der kognitiven und physischen Leistungssteigerung festgestellt werden. Die Befragung mittels RRT gewährleistet eine große Anonymität und daher die Bereitschaft, auf heikle Fragen ehrlich zu antworten. Ein RRT-Modell mit günstigen statistischen und psychologischen Eigenschaften ist das Unrelated-Question-Modell. Bei diesem Modell erhält ein Proband eine heikle Frage zum Medikamentenmissbrauch mit der Wahrscheinlichkeit p oder eine neutrale Frage mit der Gegenwahrscheinlichkeit 1-p; p war in dieser Studie entweder 1/3 oder 2/3.
Um den Wert von RRTs als Instrument zur Untersuchung sensibler Themen zu erhöhen, war das Ziel dieser Studie, die UQT weiter zu validieren. Dafür wurde in der vorliegenden Studie untersucht, ob die Prävalenzschätzung des UQT durch die Änderung der Wahrscheinlichkeit p des Empfangens der sensiblen Frage beeinflusst wird. Aus diesem Grund wurden die Prävalenzen des physischen und kognitiven Dopings mit zwei Versionen bzw. dem UQT mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten (p ≈ 1/3 und p ≈ 2/3) beurteilt. Hierzu wurden acht Fragebogenversionen generiert, von denen jeweils vier mit einer Frage zum physischen und vier mit einer Frage zum kognitiven Doping anfingen.
Acht Versionen eines anonymen, spezialisierten Fragebogens, welcher die RRT verwendete, wurden zu gleichen Teilen an 1243 Studenten verteilt. Die Studierenden erhielten einen Fragebogen mit einer neutralen Frage A, gefolgt von jeweils einer Frage zum kognitiven, sowie einer Frage zum physischen Doping. Diese Befragung erlaubte es, die 12-Monats-Prävalenzen für kognitives und physisches Doping mit dem Unrelated-Question-Modell zu schätzen.
Die Rücklaufquote betrug 97,0%. Die geschätzte 12-Monats-Prävalenz für die Einnahme von Substanzen zur Steigerung der körperliche Leistungsfähigkeit lag für p ≈ 1/3 bei 22,5%, KI=[10,8-34,1%] und für p ≈ 2/3 bei 12,8%, KI=[7,6-18,0%], die der geistigen Leistungsfähigkeit lag für p ≈ 1/3 bei 22,5%, KI=[11,0-34,1%] und für p ≈ 2/3 bei 18,0%, KI=[12,5-23,5%]. Ein Likelihood-Ratio Test zeigte keinen signifikanten Unterschied der geschätzten Prävalenzen für p ≈ 1/3 versus p ≈ 2/3. Zudem ließ sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen physischem und kognitivem Doping nachweisen.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Phänomen der kognitiven und physischen Leistungssteigerung mittels verschreibungspflichtiger Medikamente an Hochschulen verbreitet ist. Die Ergebnisse müssen jedoch unter Berücksichtigung der jeweiligen Konfidenzintervalle insbesondere bei kleinem p (in diesem Fall 1/3) kritisch betrachtet werden. Ebenso zeigt diese Studie, dass die RRT eine geeignete Methode ist, um diesen heiklen Sachverhalt zu erfassen und, dass andere direkte Befragungsmethoden die Verwendung dieser Medikamente unterschätzt haben.