Autor:innen:
K. Sauer (Erlangen, DE)
I. Wank (Erlangen, DE)
K. Esser (Hannover, DE)
Einleitung
In Deutschland leiden rund 6,9-10% der Bevölkerung an neuropathischen Schmerzen, das entspricht knapp 5 Millionen Menschen [1]. Neuropathischer Schmerz wird als einer der schrecklichsten aller Qualen beschrieben, die durch eine Nervenläsion ausgelöst werden kann [2]. Eine periphere Nervenverletzung führt häufig zu langanhaltenden neuropathischen Schmerzen, welche durch spontane, vor allem brennende Schmerzen, Allodynie (Schmerzantwort auf einen nicht schmerzhaften Stimulus) und Hyperalgesie (verstärkte Schmerzantwort auf einen schmerzhaften Stimulus) charakterisiert sind [3].
Methoden
Die Auswirkungen der Chronic Constriction Injury (CCI) als ein typisches Model für neuropathischen Schmerz auf die zentralen Nozizeption im Mausmodel (C57BL/6, männlich) wurden mittels BOLD-fMRT (4.7T Bruker Biospec, single-shot GE EPI [TEef 25.035ms; TR 2000ms; FOV 15x15mm; Matrix 64x64; Schichtdicke 0.5mm; 22 Schnitte axial], Scandauer 75min) untersucht. Während einer kurzen Operation wurden bei 12 Tieren 3 lose Ligaturen um den N. ischadicus der linken Hintepfote platziert, wohingegen bei 12 scheinoperierten Tieren dieser nur freigelegt, aber nicht ligiert wurde. Beide Hinterpfoten wurden dorsal mit 3 Sets topischer alternierender Hitzereize (nicht-schmerzhafte 40°C und 45°C und schmerzhafte 50°C und 55°C) stimuliert. Zusätzlich erfolgte eine plantare mechanische Stimulation beider Hinterpfoten mit 40g (Plastikborste, 6 Sets à 10 Wiederholungen). Um den chronischen Aspekt der Neuropathie bzw. die Entwicklung der Auswirkungen auf die zentrale Schmerzverarbeitung fest zuhalten, erfolgten die fMRT Messungen inklusive vorangehende Hargreaves- und vonFrey-Verhaltenstests an Tag -1, 4, 6, 8, 14, 21, 28 und 56 post op.
Ergebnisse
Die CCI Gruppe zeigte eine über die kompletten 56 Tage anhaltende Reduktion der thermischen und mechanischen Pfotenwegzugslatenz, wohingegen der Schwellenwert bei scheinoperierten Tieren sich nach der OP leicht reduzierte, jedoch nach 8-14 Tagen wieder den Ausgangswert erreichte.
Die stärksten Effekte ließen sich bei der der schmerzhaften Temperatur von 50°C an der operierten Pfote zwischen den Tagen 4 und 14 feststellen. Durch die Stimulation der operierten (thermische und mechanische Stimulation) und kontralateralen Pfote (mechanische Stimulation) der scheinoperierten Tieren kam es zu einer massiven Zunahme der Konnektivität in den kortikalen und sensomotorischen Strukturen, sowie wie im Hippocampus und Thalamus.
Zusammenfassung
Wir vermuten, dass ein chronisches neuropathisches Trauma die zentralen schmerzverarbeitenden Prozesse im Gehirn, neben den schon besser bekannten peripheren Effekten, grundsätzlichen verändert. Somit können mittels funktioneller Magnetresonanztomografie funktionelle Veränderungen von an der Schmerzwahrnehmung und –verarbeitung beteiligter Hirnstrukturen bei chronischen neuropathischen Schmerzen im Mausmodell besser verstanden werden.
[1] van Hecke O, Austin SK, Khan RA, Smith BH, Torrance N: Neuropathic pain in the general population: a systematic review of epidemiological studies. Pain 2014; 155: 654–62.
[2] Mitchell S.W. Injuries of nerves and their consequences, JB Lippincott, Philadephia, 1872.
[3] Woolf C.J., Mannion R.J. Neuropathic pain: aetiology, symptoms, neuropmechanisms, and management. Lancet (1999) 353 1959–1964.