Autor:innen:
L. Höfel (Garmisch-Partenkirchen, DE)
A. Jonietz (Innsbruck, AT)
E. Schnöbel-Müller (Garmisch-Partenkirchen, DE)
H. Johannes-Peter (Garmisch-Partenkirchen, DE)
M. Walter (Innsbruck, AT)
Einleitung
Als chronische Schmerzerkrankungen im Kindes- und Jugendalter werden kontinuierliche Schmerzen über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten bezeichnet. Sie werden durch eine Störung im Schmerzverarbeitungssystem hervorgerufen und sind durch Medikamente und Strategien wie Schonen und Erholung wenig bis negativ beeinflussbar. Obwohl der ursprüngliche Auslöser nicht (mehr) vorhanden ist und häufig auch keinen derartigen Schmerz verursachen kann, bleiben langanhaltende und/oder wiederkehrende Schmerzen bestehen.
Ziel der Studie war es, die subjektive Sichtweise auf besondere Ereignisse zu Beginn der Schmerzen, aktuelle Auslöser sowie den Umgang mit den Schmerzen durch die Kinder selbst und durch deren Eltern genauer zu untersuchen.
Methode
Verwendet wurden Daten aus dem Deutschen Schmerzfragebogen für Kinder und Jugendliche, welche im Rahmen eines Klinikaufenthaltes im Jahr 2015 am Zentrum für Schmerztherapie junger Menschen Garmisch-Partenkirchen erhoben wurden. Aussagen von 141 Patienten (14.45 J., 81% weiblich) sowie von deren Eltern wurden dazu kategorisiert und ausgewertet.
Ergebnisse
Mehr als ein Drittel der Patienten (41.2 %) und der Eltern (34%) nannten ein oder mehrere für sie bedeutende Ereignisse, die im Zusammenhang mit dem Beginn der Schmerzproblematik stehen. Diese beziehen sich auf soziale, körperliche und psychische Aspekte (Häufigkeit der Nennungen (n=): 56, 38, 34).
Es zeigten sich überwiegend Übereinstimmungen und teilweise Unterschiede in der Wahrnehmung von Auslösern (z.B. körperlich, psychisch, externe und interne Faktoren, Rolle der Eltern und der Schule) und im Umgang mit Schmerzen (z.B. aktiv, passiv, Zuwendung, medizinische Versorgung) zwischen den Patienten und ihren Eltern. Bei den Bewältigungsstrategien der Kinder nannten die Patienten selbst vermehrt passive (n=109) als aktive Bewältigungsstrategien (n=86), beurteilt durch die Eltern zeigte sich diese Einschätzung noch ausgeprägter (n=145 vs. 45). Elterliche Strategien bestanden aus Sicht der Eltern hauptsächlich aus emotionaler Zuwendung (n=65), was die Patienten nicht in derselben Ausprägung empfanden (n=18). Aus Sicht der Patienten überwog mit 55 Nennungen vor allem die medizinische Versorgung.
Diskussion
Bezüglich der Ursachen nannten Eltern und Kinder Aspekte, welche das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen widerspiegeln.
Bei den Bewältigungsstrategien wurden hingegen überwiegend bio-medizinische Ansätze genannt. Sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern stehen passive Bewältigungsstrategien (z.B. Schonen, Medikamentengabe) im Vordergrund, welche bei der Therapie chronischer Schmerzerkrankungen wenig hilfreich sind. Psycho-soziale Aspekte, welche als Auslöser wahrgenommen werden, scheinen in den Bewältigungsstrategien in den Hintergrund zu rücken. Für die Therapie bedeutet dies, den Schwerpunkt deutlich von den medizinischen und passiven Maßnahmen wegzulenken und zu aktiven Strategien anzuregen.