Akute und chronische viszerale Schmerzen haben eine hohe Relevanz in vielen klinischen Bereichen, sind jedoch im Vergleich zu somatischen Schmerzen weit weniger gut untersucht. Parallel dazu bieten Forschungsarbeiten zur Gehirn-Darm-Achse und damit assoziierten Störungsbildern wie das Reizdarmsyndrom faszinierende, translationale Forschungsperspektiven, deren Potential längst nicht ausgeschöpft ist. Dennoch konnten mit Hilfe interdisziplinärer Forschungsansätze an der Schnittstelle zwischen Psychobiologie, Psychiatrie und Neurogastroenterologie in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in Bezug auf das Verständnis peripherer als auch zentralnervöser Mechanismen der Gehirn-Darm-Achse insbesondere für den Viszeralschmerz erzielt werden. Parallel dazu existieren neue psychologische und pharmakologische Therapieoptionen, die durch wegweisende klinische Daten aus dem Bereich der Ernährungsforschung ergänzt und komplementiert werden.
In dem Symposium des Arbeitskreises „Viszerale Schmerzen“ der Deutschen Schmerzgesellschaft werden neue Erkenntnisse zur Gehirn-Darm-Achse aus verschiedenen grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Perspektiven vorgestellt. Am Beispiel des Reizdarmsyndroms und chronischer viszeraler Schmerzen bei psychiatrischen Erkrankungen soll der Transfer von der Grundlagenforschung in die Klinik gelingen. Zunächst werden neue Forschungsansätze der translationalen Viszeralschmerzforschung aus Sicht der Bio-Psychologie dargestellt. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Rolle zentralnervöser Mechanismen und dem Einfluss psychologischer Kontextfaktoren für die Schmerzwahrnehmung und –verarbeitung bei Gesunden und Patienten. Es folgt die Perspektive der Psychiatrie, denn viele psychiatrische Erkrankungen werden von Änderungen der Schmerzwahrnehmung begleitet. Sofern möglich, sollen die pathophysiologischen Ursachen für die verschieden Erkrankungen diskutiert werden. Hierbei werden sowohl entwicklungsbiologische Konzepte für die Entstehung von Schmerzen dargestellt werden, als auch Untersuchungen die Unterschiede in der Schmerzverarbeitung zeigen. Aus den pathophysiologischen Überlegungen sollen dann mögliche Therapieoptionen abgeleitet und diskutiert werden. Abschließend erfolgt aus der Perspektive der Neurogastroenterologie eine Zusammenfassung neuer Entwicklungen in Bezug auf die Differentialdiagnostik und personalisierte Therapie unter Einbezug neuer Erkenntnisse aus der Ernährungsforschung für funktionelle Magendarmerkrankungen.