14:30 Uhr
Die neue DZK-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie der Tuberkulose im Erwachsenenalter
M. Priwitzer (Stuttgart, DE)
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Autor:in:
M. Priwitzer (Stuttgart, DE)
Die aktualisierte S2k-Leitline zur Tuberkulose im Erwachsenenalter des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose bietet einige Neuerungen gegenüber der Version von 2017, die auch für die Arbeit im Gesundheitsamt relevant sind. Der Vortrag bietet einen Überblick über die Leitlinie mit allen wichtigen Punkten zu Diagnostik und Therapie der Tuberkulose sowie latenter Tb-Infektion, Chemoprävention und Chemoprophylaxe.
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14:50 Uhr
Ein ganzer Ort in Aufruhr - Fallmanagement bei einem Tuberkuloseausbruch mit ungewöhnlich vielen Ansteckungen und Folgefällen an einer Schule
U. Wagner (Karlsruhe, DE)
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Autor:innen:
S. Sonnberg (Karlsruhe, DE)
C. Wagner-Wiening (Stuttgart, DE)
S. Brockmann (Stuttgart, DE)
U. Wagner (Karlsruhe, DE)
Ende Mai 2019 wurde nach mehrmonatiger Symptomatik bei einem 16 -jährigen Schüler eine mikroskopisch offene Lungentuberkulose diagnostiziert. Die mögliche Infektionsquelle konnte im privaten Kontext ermittelt werden. Bei der Umgebungsuntersuchung (Uu) fanden sich im privaten und schulischen Umfeld insgesamt 121 Ansteckungen (IGRA positiv bzw. latente Infektionen) und zwölf Folgeerkrankungen, vier der Folgeerkrankungen wiesen eine geringe Ansteckungsfähigkeit, 1 Fall wies fraglich eine höhere Ansteckungsfähigkeit auf. An der Schule wurden in einer mehrstufigen Uu alle 289 Schüler untersucht. Dabei konnten über alle Klassenstufen hinweg 100 Ansteckungen identifiziert werden. In der Jahrgangsstufe des Indexpatienten kam es bei 88 % der Schüler zur Ansteckung, in den Klassen der anderen Jahrgangsstufen in 0 bis 33 %. Auch 12 Beschäftigte (17 %) waren betroffen.
Die hohe Zahl von Ansteckungen in der betroffenen Jahrgangsstufe führte bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu Berichten der Presse und regem Austausch in sozialen Netzwerken mit Verbreitung von Fehlinformationen. Im weiteren Verlauf erreichten das Gesundheitsamt unzählige sorgenvolle Anfragen und Vorwürfe aus nahezu allen am Ort befindlichen Institutionen. Die weitere Zunahme der Ansteckungen und Fälle führte durch ein bundesweites Medienecho zu einer Kräfte bindenden Öffentlichkeitsarbeit.
Im Fallmanagement bewährte sich die intensive und offene Zusammenarbeit mit der betroffenen Schule und der regelmäßige Informationsaustausch mit der Gemeinde, der Schulbehörde, den Schulleitern und Elternvertretern.
Um die Ursachen der hohen Anzahl der Infektionen an der Schule und die Ansteckungen über die Klassenstufen hinweg zu untersuchen erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg eine weitergehende Ausbruchsuntersuchung.
Hypothesen für die hohe Anzahl an Ansteckungen in der Schule sind die hohe Infektiosität, der lange Krankheitsverlauf sowie eine Vielzahl von Kontaktmöglichkeiten im Schulalltag.
15:05 Uhr
Meningokokken-C-Cluster in Südbayern, 2019
S. Böhm (Oberschleißheim, DE)
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Autor:in:
S. Böhm (Oberschleißheim, DE)
Von März bis August 2019 erkrankten im südlichen Landkreis (LK) Ebersberg 4 Personen an Meningokokken der Serogruppe C. Durch das NRZMHi wurden diese einem Cluster mit gleichem seltenen Feintyp (P1.5-1,10-1:F3-6) zugeordnet, eine klonale Identität wurde bestätigt. Die Erkrankungen verliefen schwer. Drei Fälle betrafen junge Erwachsene (18–21 Jahre). Ein Fall war eine bekannte Kontaktperson (1) (56 Jahre), die 2 Monate vor Symptombeginn eine postexpositionelle Prophylaxe (PEP), jedoch nicht die empfohlene Impfung erhalten hatte. Resistenzen gegen eingesetzte Antibiotika lagen nicht vor. Im September erkrankte ein weiterer Fall (13 Jahre) aus dem angrenzenden LK München, der molekulargenetisch dem Cluster zugeordnet wurde.
Trotz intensiver Ermittlungen konnte, bis auf oben genannte Kontaktperson, keine direkte Verbindung oder über Dritte zwischen den Fällen hergestellt werden.
Für die nach Auftreten des 4. Falls identifizierte Risikogruppe der 15–24-Jährigen im südlichen LK wird derzeit eine staatliche Impfkampagne am Gesundheitsamt Ebersberg organisiert, über die bisher (17.10.2019) 1.164 Personen geimpft wurden. Nach Auftreten des 5. Falls wurde zudem zur Überprüfung des Impfstatus der < 18-Jährigen aufgerufen (2).
Die Identität der Krankheitsisolate wurde durch Genomsequenzierung zweifelsfrei belegt. Die fehlende epidemiologische Verbindung zwischen den Fällen weist auf eine Zirkulation des Erregers im Umfeld erkrankter Personen hin. Um weitere Erkrankungen durch Übertragungen besiedelter Personen zu verhindern wurde, angelehnt an Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) (1), in Abstimmung beteiligter Behörden eine erweiterte Impfempfehlung für die Bevölkerungsgruppe mit dem höchsten Erkrankungsrisiko ausgesprochen. Dies erfolgte unter Berücksichtigung der Schwere der Erkrankungen, der demografischen Verteilung der ersten 4 Fälle, der bekannten erhöhten Inzidenz bei Jugendlichen (15–19 Jahre) (3), der Verunsicherung der Bevölkerung und vorhandener Ressourcen.
Trotz der STIKO-Empfehlungen war keine erkrankte Person gegen Meningokokken-C geimpft. Das Geschehen unterstreicht die Wichtigkeit der Impfung enger Kontaktpersonen, für die trotz Erhalt einer PEP weiterhin ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht (4, 5), als auch die Bedeutung ärztlicher Konsultationen zur Überprüfung und Nachholung von Impfungen. Vor dem Hintergrund des in Studien beschriebenen nachlassenden Impfschutzes (6, 7) sollte zudem eine Boosterimpfung Jugendlicher diskutiert werden.
15:20 Uhr
Management eines Covid-19-Ausbruchs mit bundesweiter Bedeutung auf einer Großbaustelle in Frankfurt am Main - Exemplarische Analyse für ein Problemfeld der Pandemie -
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
J. Haller (Frankfurt, DE)
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Autor:innen:
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
J. Haller (Frankfurt, DE)
U. Götsch (Frankfurt, DE)
Die Covid-19-Pandemie war neben den durch das IfSG erfassten Bereichen wie Altenpflegeheime, Geflüchtetenunterkünfte, Wohnungslosenunterkünfte und Schulen/Kitas eine Herausforderung. Daneben traten jedoch deutschlandweit auch größere Ausbrüche in bestimmten Wirtschaftsbranchen im Zusammenhang mit prekären Beschäftigungsbedingungen auf. Neben den breit in den Medien berichteten Fälle in großen Schlachtbetrieben oder Landwirtschaftsbetrieben, waren das in Frankfurt am Main auch immer wieder verschiedene Ausbrüche auf Baustellen jeder Größe.
Die Begebenheiten der Baubranche begünstigen die schnelle Ausbreitung leicht übertragbarer-respiratorischer Erreger wie SARS-CoV-2 besonders, da es eine hohe Anzahl und Fluktuation an Arbeitskräften gibt, die nicht selten in großen Gruppen anreisen, oft auch aus dem Ausland. Die schwierigen Arbeitsbedingungen und temporären, oft prekären, Wohnbedingungen und der gemeinsame Transport in Gruppen sowie häufig mangelnde hygienische und gesundheitliche Aufklärung sowie sprachliche Verständigungsprobleme sind dabei begünstigende Faktoren für eine Verbreitung von SARS-CoV-2.
Anhand eines größeren Ausbruchs im Februar 2021 auf zusammenhängenden Frankfurter Großbaustellen wird exemplarisch das komplexe Management eines solchen Ausbruchs mit Kontaktieren von >20 Unternehmen und Subunternehmen in ganz Deutschland deutlich. In dieser Phase der Pandemie nahmen Infektionen mit der Virusvariante B.1.1.7 ("Alpha") stark zu, jedoch war sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht die dominierende Variante. Anhand der epidemiologischen Analyse und Mutations-PCR sowie Vollgenomsequenzierung aus verschiedenen Bereichen des Ausbruchs wurde versucht möglichst viel Evidenz für eine gemeinsame Infektionsquelle bzw. Infektionskette im Umfeld der Baustelle zu finden. Die Infektionen verteilten sich über verschiedene Gewerke bis hin zur Bauleitung. Im Gesundheitsamt Frankfurt arbeitete ein Team von ca. 20 Fallbearbeitern am verzweigten Ausbruch mit ca. 50 Infizierten in ganz Deutschland und darüber hinaus. Es wurden über 300 Personen per PCR getestet und Quarantänempfehlungen an Gesundheitsämter in Hessen und mehreren anderen Bundesländer verschickt.
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15:35 Uhr
IfSG-CHECK-Studie: Wirkungsorientierte Weiterentwicklung des IfSG durch Gesundheitsämter als zuständige Exekutivbehörden
N. Oster (Tübingen, DE)
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Autor:innen:
N. Oster (Tübingen, DE)
D. Häske (Tübingen, DE)
P. Schäfer (Mannheim, DE)
S. Joos (Tübingen, DE)
Hintergrund
Zweck des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ist nach §1 die Vorbeugung, frühzeitige Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten. Die Aufgaben der Erkennung von übertragbaren Krankheiten (Überwachung, 3. Abschnitt IfSG) sind in der Regel Maßnahmen bei abstrakten Gefahren, in denen primär keine Krankheitserreger aufgetreten sind. Die Verhinderung der Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten (Bekämpfung, 5. Abschnitt IfSG) ist immer unmittelbare Gefahrenabwehr, wenn Krankheitserreger bereits aufgetreten sind. Verschiedene strukturelle Vorgaben sowie insbesondere die erheblichen gesetzlichen Verpflichtungen im Rahmen der Überwachung lassen den Gesundheitsämtern als Exekutivbehörden wenig Spielraum in der Priorisierung von Bekämpfungsmaßnahmen. Zudem werden Gesundheitsämter zu Gesetzesänderungen im Infektionsschutz nur selten angehört.
Ziele
Ziele der Studie sind es, Erfahrungen und Meinungen der Gesundheitsämter zum 3. und 5. Abschnitt des IfSG zu erheben, zu bündeln und daraus konstruktive Verbesserungsvorschläge zum Infektionsschutzgesetz im Hinblick auf einen wirkungsorientierten Infektionsschutz abzuleiten und an die Landes- und Bundesebene zu vermitteln.
Methoden
Das Vorgehen gliedert sich in drei Phasen. In Phase 1 erfolgt eine Fokusgruppendiskussion mit ausgewiesenen Expert:innen zum Infektionsschutz aus Gesundheitsämtern bezüglich Stärken und Schwächen des IfSG. Aus den hieraus gewonnenen Ergebnissen wird ein Fragebogen entwickelt, der in Phase 2 im Rahmen einer quantitativen Befragung an alle ca. 400 deutschen Gesundheitsamtsleitungen zur Weiterleitung an erfahrene Mitarbeiter:innen im Infektionsschutz versendet wird. In Phase 3 sollen die Ergebnisse aus Phase 1 und 2 mit Vertreter:innen des Infektionsschutzes der Bundes und Landesebene im Rahmen strukturierter Gespräche diskutiert werden, um daraus Handlungsempfehlungen für die zukünftige Gestaltung der gesetzlichen Grundlagen zum Infektionsschutz abzuleiten.
Erwartete Ergebnisse
Als Ergebnisse der Phase 1 und 2 werden Kritikpunkte und Alternativvorschläge zu den rechtlichen Grundlagen zum Infektionsschutz als Empfehlungen an die Bundes- und Landesebene zusammengefasst. Die Resultate der Fokusgruppendiskussionen mit Landes- und Bundesbehörden zu den Vorschlägen der Gesundheitsämter sollen idealerweise zu einem partizipativeren Vorgehen im Rahmen der Gesetzgebung im Infektionsschutz führen.
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