08:00 Uhr
PP21:
Wie weiter in den Heimen in und nach der Pandemie? Der gemeinsame Weg von stationären Einrichtungen und Stadtverwaltung hin zu Qualitätsmerkmalen für gute Heimhygiene in Mannheim
N. Oster (Mannheim, DE)
E. Schmitt (Mannheim, DE)
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Autor:innen:
N. Oster (Mannheim, DE)
P. Braun (Mannheim, DE)
J. Hildebrandt (Mannheim, DE)
J. Schönmann (Mannheim, DE)
P. Schellenberger (Mannheim, DE)
T. Kössler (Mannheim, DE)
R. Walther (Mannheim, DE)
D. Häske (Tübingen, DE)
S. Joos (Tübingen, DE)
P. Schäfer (Mannheim, DE)
E. Schmitt (Mannheim, DE)
Hintergrund
Die Covid19-Pandemie hat 2020/2021 bundesweit zu schweren Folgen für Heimbewohner*innen geführt und das Thema Heimhygiene in den Fokus gerückt. Auch in stationären Einrichtungen in Mannheim kam es zu SARS-CoV2-assoziierten Infektions- und Todesfällen. Das vorgestellte Projekt zeigt auf, wie die Stadt Mannheim in einem Beteiligungsprozess mit stationären Einrichtungen nachhaltige Lösungen für bessere Heimhygiene entwickelt hat.
Ziel
Ziel des Projektes war es, Strukturen und Prozesse zu etablieren, die zu einer nachhaltigen Verbesserung der Heimhygiene führen und den offiziellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) und gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Methoden
Im Winter 2020/2021 etablierte der Mannheimer Verwaltungsstab eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe zur Bewältigung der Pandemie in den stationären Einrichtungen. Diese führte 14-tägig Konferenzen durch, zu denen die Träger aller Mannheimer Heime eingeladen waren. Ziel war, ein Konzept zu erarbeiten, wie in Zukunft Infektionsgeschehen in den Heimen verhindert werden können. Für das erarbeitete Konzept wurden zur inhaltlichen Präzisierung drei Workshops mit jeweils ca. 10 interessierten Heimleitungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Workshops wurden in der Heimträgerkonferenz vorgestellt und diskutiert.
Ergebnisse
Es wurde in den Konferenzen beschlossen, Qualitätskriterien für gute Heimhygiene im Rahmen von Workshops zu erarbeiten im Sinne einer Good Practice. Hierzu wurden in den Workshops sieben Qualitätskriterien definiert: 1. Befolgung der gesetzlichen Vorgaben und offiziellen Empfehlungen, 2. an den Vorgaben des RKI orientierte Zielimmunisierungsraten für Bewohner*innen und Personal, 3. Teilnahme an Hygienekonferenzen, 4. Benennung, Qualifizierung und Freistellung von Hygienebeauftragten, 5. Etablierung einer Hygienekommission, 6. Alarmsystem bei Ausbruchssituationen, 7. Teilnahme an Umfragen zu Hygienethemen. Diese Qualitätskriterien wurden mit den Heimträgern hinsichtlich ihrer praktischen Umsetzbarkeit diskutiert. Schwierigkeiten bei der Akzeptanz der Qualitätskriterien wurden zu Zielimmunisierungsraten und zur Qualifizierung und Freistellung von Hygienebeauftragten formuliert.
Fazit
Der in Mannheim initiierte Beteiligungsprozess zwischen Kommunalverwaltung und stationären Einrichtungen zeigt, wie eine krisenhafte Situation zur partizipativen Erarbeitung gemeinsamer nachhaltiger Qualitätsstandards in der Heimhygiene erfolgreich genutzt werden kann.
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08:05 Uhr
PP22:
SARS-CoV-2 Screening-Strategien für internationale Reiserückkehrende: Evaluation des Antigen-Schnelltests in Frankfurt am Main
E. Layer (Frankfurt am Main, DE)
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Autor:innen:
E. Layer (Frankfurt am Main, DE)
U. Götsch (Frankfurt am Main, DE)
S. Hoehl (Frankfurt am Main, DE)
T. Westphal (Frankfurt am Main, DE)
D. Bojkova (Frankfurt am Main, DE)
M. Widera (Frankfurt am Main, DE)
B. Böddinghaus (Frankfurt am Main, DE)
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
R. Gottschalk (Frankfurt am Main, DE)
S. Ciesek (Frankfurt am Main, DE)
SARS-CoV-2 Screening-Strategien für internationale Reiserückkehrende: Evaluation des Antigen-Schnelltests in Frankfurt am Main
Emily Layer, Sebastian Hoehl, Tim Westphal, Denisa Bojkova, Marek Widera, Boris Boeddinghaus, Joscha Schork, Rene Gottschalk, Sandra Ciesek und Udo Goetsch
Abstract
Hintergrund
Internationale Reisen bringen das Risiko der Einschleppung von SARS-CoV-2-Infektionen mit sich und fördern so auch die weltweite Verbreitung neuer Virusvariationen. Um dies möglichst zu verhindern, müssen Virustragende rasch erkannt werden. Als eine Maßnahme des Infektionsschutzes wird Reiserückkehrenden eine Quarantäne von 10 Tagen auferlegt, die durch einen negativen Antigen-Schnelltest (AG-ST) nach frühestens fünf Tagen verkürzt werden kann. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme ist noch nicht evaluiert worden. Ziel dieser Studie ist es, die Eignung des AG-ST im Hinblick auf eine Verkürzung der Quarantäne zu bewerten.
Methoden
Zur Evaluierung des AG-ST wurden 1.488 Einreisende frühestens fünf Tage nach ihrer Ankunft in Deutschland sowohl mittels RT-PCR als auch mit AG-ST auf SARS-CoV-2 getestet. Wir erfassten die Häufigkeit positiver Testergebnisse sowie die Empfindlichkeit und Spezifität des AG-ST. PT-PCR-positive Proben wurden in einem Zellkultur-Auswuchstest auf ihre in-vitro-Infektiosität untersucht. Außerdem wurde nachverfolgt, ob negative Teilnehmende innerhalb von zwei Wochen nach dem Test als positiv gemeldet wurden. Wir verglichen die Prävalenz von SARS-CoV-2 unter den Teilnehmenden mit der Melderate unter den Nicht-Teilnehmenden.
Ergebnisse
Der AG-ST zeigte eine Spezifität von 100% und eine Sensitivität von 59% im Vergleich zur RT-PCR. Alle Studienteilnehmenden mit positiver Virusanzucht waren auch im AG-ST positiv, was bedeutet, dass alle Personen mit nachgewiesener in-vitro-Infektiosität korrekt identifiziert wurden. Die potenzielle Infektiosität wurde anhand einer Analyse der Symptome ermittelt, was zu einer Sensitivität des AG-ST von 89% in Bezug auf die Infektiosität führte. Kein:r der primär negativ Getesteten wurde innerhalb des Nachbeobachtungszeitraums positiv getestet.
Fazit
Ein AG-ST frühestens am fünften Tag nach Ankunft hat sich als zuverlässige Methode zum Nachweis infektiöser Reisender erwiesen und kann als geeignete Methode für die Handhabung von SARS-CoV-2-Reisebeschränkungen empfohlen werden. Die Einhaltung der Vorschriften und ein hoher Standard der Prüfqualität müssen allerdings gewährleistet sein.
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08:10 Uhr
PP23:
Das Meldesystem gemäß Infektionsschutzgesetz lieferte zwischen Januar 2020 und Juni 2021 zeitnahe Daten mit guter Vollständigkeit zu COVID-19
E. Meyer (Berlin, DE)
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Autor:innen:
E. Meyer (Berlin, DE)
A. Marquis (Berlin, DE)
M. Askar (Berlin, DE)
M. Diercke (Berlin, DE)
Die Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind eine essenzielle Grundlage für die Lagebewertung in der COVID-19-Pandemie. Politische Entscheidungen und weitreichende Maßnahmen leiten sich unmittelbar aus ihnen ab. Wir evaluierten, wie zeitnah und vollständig die Daten im Meldesystem verfügbar waren.
Untersucht wurden alle COVID-19-Fälle gemäß Referenzdefinition mit Meldedatum zwischen 5. KW 2020 (27.01.2020) und 23. KW 2021 (13.06.2021). Die Auswertungen erfolgten für den gesamten Zeitraum und stratifiziert nach folgenden Pandemiephasen: sporadische Fälle (Kalenderwoche (KW) 5-9 2020), erste Welle (KW 10-20 2020), Sommer 2020 (KW 21-39 2020), zweite Welle (KW 40 2020 – KW 8 2021) und dritte Welle (KW 9-23 2021). Es wurde der Median mit 25. und 75. Quantil des Meldeverzugs (Tage zwischen Labormeldung und elektronischer Erfassung am Gesundheitsamt (GA)) und der Übermittlungsverzug (Tage zwischen Übermittlung vom GA bis Eingang am Robert Koch-Institut) berechnet. Für die Vollständigkeit wurden jeweils der Anteil von Fällen mit Angaben berechnet.
Melde- und Übermittlungsverzug betrugen 0 Tage (Q25-Q75: 0-1 Tage.). Die Vollständigkeit für Alter (100%) und Geschlecht (99,5%) war am höchsten, gefolgt von Hospitalisierungsstatus (81%), klinischen Informationen (75%) und Risikofaktorstatus (60%). Die niedrigste Vollständigkeit hatten Angaben zum Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall (48%). 99% der Todesfälle hatten ein Sterbedatum, während 87% der symptomatischen Fälle ein Erkrankungs- und 73% der Hospitalisierten ein Hospitalisierungsdatum hatten. Die Vollständigkeit der Angaben von Alter, Geschlecht und Sterbedatum bei Verstorbenen war in allen Pandemiephasen gleich hoch, während sie für klinische Informationen, Hospitalisierungs- und Risikofaktorstatus v.a. in der zweiten Welle geringer waren.
Die Zeitnähe im Meldesystem war exzellent, sodass die Trendentwicklung während der Pandemie zeitnah abgebildet werden konnte. Die hohe Vollständigkeit von Alter und Geschlecht ermöglicht eine demografische Beschreibung der COVID-19-Fälle in Deutschland. In der zweiten Welle mit hohen Fallzahlen war die Vollständigkeit für Variablen mit hohem Ermittlungsaufwand geringer. Durch weitere Erhebungen sollte ermittelt werden, wie GÄ noch besser in der Arbeit, z.B. organisatorisch oder digital unterstützt werden können, um die Aufwände für Ermittlung und Datenbearbeitung im Meldesystem zu reduzieren und um gleichzeitig informiert Entscheidungen treffen zu können.
08:15 Uhr
PP24:
Identifikation von COVID-19 Fällen und Kontaktpersonennachverfolgung in stationären Einrichtungen der Altenhilfe des Landkreises Reutlingen
L. Eichner (Reutlingen, DE)
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Autor:in:
L. Eichner (Reutlingen, DE)
COVID-19 ist eine über Tröpfchen übertragbare Infektionskrankheit, die zum ersten Mal in Wuhan, China, Ende 2019 festgestellt wurde. Vor allem multimorbide Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Einrichtungen der Altenhilfe („Einrichtungen“) sind bei SARS-CoV-2-Infektionen gefährdet. Zum Schutz solcher Einrichtungen wurden von Seiten der Landes- und Bundesregierung entsprechende Hygieneregeln sowie auch vorübergehende Besuchs- und Ausgangsverbote erlassen.
Methoden
Im Landkreis Reutlingen gab es Anfang 2020 37 stationäre Einrichtungen der Altenhilfe mit 1.095 Bewohnerinnen und Bewohnern sowie 2.510 Mitarbeitenden. Im Rahmen von im Früh-jahr 2020 in diesen Einrichtungen ansteigenden Zahlen von SARS-CoV-2-Infektionen wurden von Seiten des Kreisgesundheitsamtes Reutlingen zum Schutz des BewohnerInnen und Mitarbeitenden Abstrichstrategien in Kooperation mit den Einrichtungsleitungen implementiert.
In der Anfangsphase (09.03. – 05.04.2020) wurden zunächst nur symptomatische Verdachtsfälle untersucht.
In der darauf folgenden Phase (06.04. – 20.04.2020) wurden als präventive Untersuchung aller Bewohnerinnen und Bewohner sowie das Personal aller Einrichtungen abgestrichen.
In der Endphase (21.04. – 23.05.2020) wurden nur noch symptomatische Verdachtsfälle und ihre Kontaktpersonen untersucht.
Positiv auf SARS-CoV-2 mittels PCR getestete BewohnerInnen wurden in Kohorten isoliert. Eine Kreuzpflege fand nicht statt.
Während laufender Ausbrüche wurden die Einrichtungen vom Gesundheitsamt engmaschig telefonisch und vor Ort im Rahmen von Begehungen betreut.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 98% der BewohnerInnen und 92% der Mitarbeitenden mittels Abstrich auf SARS-CoV-2 und anschlileßender PCR-Untersuchung erfasst. Es wurden 395 SARS-CoV-2-Infektionen detektiert; 68% davon waren den BewohnerInnen zuzuordnen.Weniger als die Hälfte der BewohnerInnen mit positiver SARS-CoV-2-PCR war symptomatisch. Ein Drittel der Einrichtungen hatte keinen einzigen Fall eines positiven SARS-CoV-2-Abstrichs. 14% der Einrichtungen hatten insgesamt 30-81 Fälle positiver SARS-CoV-2-Infektionen (PCR) pro Einrichtung.
Diskussion
Durch serielles Testen wurden eine große Anzahl von SARS-CoV-2-Infektionen in den stationären Einrichtungen der Atenhilfe entdeckt und somit Sekundärfälle verhindert. Dadurch konnten konkrete Strategien wie Kohortenbildung der BewohnerInnen abgeleitet und die Hygienemaßnahmen intensiviert werden. Die Teststrategie des Kreisgesundheitsamts Reutlingen erwies sich somit als zielführend.
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08:20 Uhr
PP25:
Versorgung von COVID-19-Erkrankten in Quarantäne - Telefonisches Follow-Up durch das Gesundheitsamt Köln mittels DiKoMa (digitales Kontaktpersonenmanagement)
A. Küfer-Weiß (Köln , DE)
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Autor:innen:
A. Küfer-Weiß (Köln , DE)
A. Wolff (Köln, DE)
M. Buess (Köln, DE)
B. Grüne (Köln, DE)
A. Kossow (Köln, DE)
J. Nießen (Köln, DE)
Seit Beginn der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 erleben wir eine Erkrankung, die sehr schwere Verläufe nehmen und zu intensivstationären Aufenthalten sowie bis zum Tod führen kann. Die drei wichtigsten Säulen zur Pandemiebekämpfung Kontaktpersonennachverfolgung, Testen und Impfen mit dem Ziel Erkrankungszahlen gering zu halten, schwere Verläufe zu verhindern und eine Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden sind weithin bekannt. Wenig bekannt sind die Grenzen der ambulanten medizinischen Versorgung unseres Gesundheitssystems für die Erkrankten, die sich in Quarantäne befinden.
Die medizinische Betreuung, die Versorgung mit Medikamenten, das Ausstellen von Rezepten und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind in unserem System für diese Patient*innen kaum zugänglich.
Seit Auftreten der ersten COVID-19-Fälle in Köln begleiten wir als Gesundheitsamt die Menschen in Quarantäne telefonisch, sichten ihre Symptomtagebücher und identifizieren Risikopersonen, um sie der für sie jeweils notwendigen medizinischen Diagnostik und Versorgung zuzuführen.
Zu Beginn der Pandemie erfolgte dies handschriftlich und wurde im Sommer 2020 in eine eigens für das Gesundheitsamt Köln entwickelte Software (DiKoMa- digitales Kontaktmanagement) überführt. Alle Index- und Kontaktpersonen werden in DiKoMa erfasst und führen dort ihre Symptomtagebücher, erhalten ihre Ordnungsverfügung zum Download und werden über von uns risikoadaptiert gesetzte telefonische Kontakte während ihrer Erkrankung telefonisch begleitet. Das Sichten der Tagebücher und das Reagieren auf die Fieber- und Verschlechterungsmeldungen erfolgt tagesaktuell durch das Team des Follow-Up. DiKoMa ermöglicht die gezielte Auswertung der Tagebücher für ausgewählte Personengruppen, um diese einer intensiveren Beobachtung zuzuführen. Für Risikopersonen besteht seit März 2020 eine 24h-Erreichbarkeit von ärztlichen Kolleg*innen des Gesundheitsamtes.
Seit April 2020 besteht zudem eine enge Kooperation mit dem Rettungsdienst der Stadt Köln, um bei ausgewählten Risikopersonen eine prästationäre intensivmedizinische Diagnostik durchzuführen. Dafür ist ein speziell umgerüstetes Einsatzfahrzeug und die Telemetrie im Einsatz und ein Notarzt/eine Notärztin ist im Gesundheitsamt vor Ort. Die enge Begleitung der Risikopersonen und die enge Kooperation mit dem Rettungsdienst ist aufgrund des Krankheitsbildes ‚silent hypoxemia‘ (Patient*innen zeigen bei subjektivem Wohlbefinden kritisch verschlechterte Vitalparameter) extrem wichtig.
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08:25 Uhr
PP26:
Botulismus bei zwei Personen des selben Haushalts nach Verzehr einer veganen Soße - Ein Fallbericht -
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
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Autor:innen:
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
U. Götsch (Frankfurt, DE)
R. Ellwanger (Frankfurt, DE)
B. Böddinghaus (Frankfurt am Main , DE)
D. Thiele (Frankfurt am Main , DE)
A. Seiler (Frankfurt am Main, DE)
S. Luger (Frankfurt am Main, DE)
Botulismus ist eine zwar gemeinhin bekannte, aber dennoch dank Lebensmittelkontrolle und Hygienerichtlinien in der Lebensmittelindustrie sehr selten auftretende Intoxikation bakteriellen Ursprungs. In Frankfurt am Main wurde seit Einführung des IfSG im Jahre 2001 bis dato kein einziger Fall gemeldet.
Die Seltenheit dieses zuweilen schweren Krankheitsbildes und die Fokussierung auf tierische Erzeugnisse (Fleisch und Wurstkonserven) bei der Anamnese machen die Diagnose schwer, weshalb es mit Sicherheit eine hohe Dunkelziffer gibt.
Wir möchten mit dieser Fallstudie von zwei dem Gesundheitsamt Frankfurt am Main aus einer Frankfurter Klinik im Juli 2021 gemeldeten Fällen von Botulismus berichten, die die Wichtigkeit einer guten Anamnese incl. dem Verzehr von konservierten pflanzlichen Produkten aufzeigen und die Notwendigkeit einer schnellen Meldekette zwischen Klinik, Labor, Gesundheitsamt und Veterinärbehörde verdeutlichen soll.
Die betroffenen Personen aus dem selben Haushalt schilderten langsam progrediente typische neurologische Symptome
, die sich bei einer Person relativ rasch zurückbildeten, jedoch bei der zweiten Person zu einer intensivmedizinischen Behandlung bei Vollbild von Botulismus führten. Bei schwieriger Differenzialdiagnose wurde seitens der Klinik auch auf Botulismus hin untersucht. Letztlich wurde anamnestisch der Verzehr einer veganen Soße auf Mandelbasis eruiert, die Reste beprobt und zusammen mit Patientenproben am Konsiliarlabor für neurotoxinproduzierende Clostridien des RKI untersucht. Hierbei wurde das Toxingen in den Resten der veganen Soße, sowie Stuhlproben beider Patientinnen gefunden. Die unterschiedliche Ausprägung der Symptome korrelierte auch mit der Menge an Aufnahme der Soße. Später konnte der Nachweis des Botulinum-Neurotoxins-A im Sandwich-ELISA aus dem genannten Lebensmittel und den Stuhlproben beider Patienten letztlich als beweisend gewonnen werden. Nach Meldung der Fälle an das Gesundheitsamt Frankfurt wurde umgehend das Veterinäramt Frankfurt informiert um den Hersteller zu kontaktieren und Vergleichsproben zu nehmen. Hierbei wurden keine Neurotoxine sichergestellt, jedoch Fäulnisbakterien, die den Verdacht auf unzureichendes Erhitzen bestätigten.
Bei geringer Herstellermenge und wenigen Verkaufsstellen konnte schnell das Produkt aus dem Handel genommen werden. Das Gesundheitsamt Frankfurt informierte alle Krankenhäuser der Umgebung. Es wurden bis dato keine weiteren Fälle in diesem Zusammenhang gemeldet.
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08:30 Uhr
PP27:
Verfahren bei internationalen Transitreisenden mit positiver SARS-CoV-2 PCR am Flughafen Frankfurt am Main
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
J. Haller (Frankfurt, DE)
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Autor:innen:
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
J. Haller (Frankfurt, DE)
U. Götsch (Frankfurt, DE)
Der internationale Flughafen Frankfurt am Main war von Beginn der Covid-19-Pandemie an ein Schauplatz für verschiedene Probleme im Zusammenhang mit dem Reiseverkehr und somit auch im Fokus der Arbeit des Gesundheitsamtes Frankfurt,
Zu Beginn waren es vor allem Flüge aus China, die zu einigen Verdachts- und Fällen führten. In der Folge waren neben den Wuhan-Rückkehrern 0/2020 auch viele weitere Evakuierungsflüge über Frankfurt abgewickelt worden.
Nach weitgehender Stilllegung des Flugverkehrs wurden beispielweise von chinesischen Fluglinien eigene sehr strenge Exit-Screening eingeführt, was zu häufigem Verbleib chinesischer Bürger am Flughafen führte.
Im Zuge der Öffnungen im Sommer 2020 mit Reisemöglichkeiten und zunehmenden Testangeboten auch am Flughafen kam es fortwährend zu einer erst nur vereinzelt, dann immer häufiger auftretenden Problematik bei Transitreisenden mit Reiseziel in ein Land, das eine PCR oder weitere Kriterien erforderte.
Zusammen mit den verschiedenen Akteuren am Flughafen versuchte das Gesundheitsamt Frankfurt der Problematik dieser Reisenden Herr zu werden und Lösungen zu finden. Da ein Weiterflug bei positiver PCR und ein Verbleib im Transit ebenso nicht möglich waren, mussten Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden. Dabei waren einige Airlines bereit hier Mitverantwortung zu tragen. Es kam jedoch auch sehr häufig dazu, dass mittellose Reisende ohne entsprechende Versicherung auf Kosten der Stadt Frankfurt abgesondert werden mussten.
Speziell bei Reisenden nach China traten diese Probleme am häufigsten auf, da aus politischen Gründen an jedem Transitort Testungen per PCR sowie diverse weitere Kriterien nach positiver PCR erfüllt werden mussten, so dass auch nach mehr als 14 Tage noch lange keine Möglichkeit bestand nach China zu reisen.
Die Herausforderung dieser Problematik und die direkten Auswirkungen der Weltpolitik waren und sind am Flughafen Frankfurt am Main besonders zu spüren. In dem Beitrag werden diese Erfahrungen, Probleme und Lösungsansätze aufgearbeitet und zusammengefasst.
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08:35 Uhr
PP28:
Auftreten von Meldepflichtigen Infektionskrankheiten im ersten Jahr der Covid-Pandemie im Vergleich zu den Vorjahren in Köln
N. Schulte (Köln, DE)
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Autor:innen:
N. Schulte (Köln, DE)
F. Thienelt (Köln, DE)
T. Kraus (Aachen, DE)
G. Wiesmüller (Aachen, DE)
A. Kossow (Köln, DE)
Einleitung
Ab März 2020 wurden vornehmlich nicht-pharmazeutische Interventionen (NPIs) genutzt, um die Ausbreitung von COVID-19 einzuschränken. Ein Einfluss dieser NPIs auch auf das Infektionsgeschehen der anderen meldepflichtigen Erkrankungen war zu erwarten und soll in dieser Arbeit quantifiziert werden.
Material und Methoden
Die Datengrundlage der Analyse bildeten die Meldedaten des Kölner Gesundheitsamts zu allen meldepflichtigen Erkrankungen exkl. COVID-19 von März 2014 bis Februar 2021. Die statistische Auswertung erfolgte durch Betrachtung der Abweichung der Inzidenz im ersten Jahr der Pandemie zur durchschnittlichen Inzidenz der Vorjahre. Des Weiteren wurden die Meldungen der verschiedenen Meldekreise anhand eines sozioökonomischen Scores in vier Gruppen, das erste Jahr der Pandemie anhand der geltenden NPIs und des Covid-Infektionsgeschehens in vier Zeiträume eingeteilt.
Ergebnisse
Im Beobachtungszeitraum gingen in 66 Fallkategorien 42.153 Meldungen nach §7 des Infektionsschutzgesetzes ein. Davon entsprachen 33.903 der Referenzdefinition des Robert Koch Instituts. Meldungen erfolgten aus allen (n=86) Meldekreisen Kölns. Die Fallkategorien wurden nach Übertragungsweg in zehn Gruppen zusammengefasst, von denen fünf (gastrointestinal, aerogen bzw. parenteral, sowie durch Schmier- und Tröpfcheninfektion übertragen) mit >100 Fällen/Jahr eine verlässliche Datengrundlage für weitere Analysen boten.
Während der Pandemie wurde in vier der fünf repräsentativen Gruppen ein Rückgang (-60±34%) von gemeldeten Fällen beobachtet. Nur bei parenteral übertragenen Krankheiten kam es zu einem Anstieg (+7%), wobei in den vier Zeiträumen unterschiedliche Trends vorlagen (1.:+8%, 2.:-10%, 3.:-7%, 4.:+39%).
Auch bei anderen Übertragungsarten ließen sich Unterschiede zwischen den vier Zeiträumen beobachten. So zeigten sich bspw. im ersten Zeitraum bei drei der fünf Gruppen erhöhte Fallzahlen, die in Meldekreisen mit dem geringsten Scorewert besonders ausgeprägt waren (+100±38%).
Interpretation
Die Ergebnisse zeigen einen wesentlichen Einfluss der Pandemie auf große Teile der anderen meldepflichtigen Erkrankungen. Unterschiede zwischen den vier Zeiträumen legen nahe, dass verschiedene NPIs verschiedene, ggf. auch längerfristige Effekte haben. Gleichzeitig waren die Kontakte der Bevölkerung zum Gesundheitssystem während der Pandemie möglicherweise reduziert, was ebenfalls einen Einfluss auf die Ergebnisse hat.
08:40 Uhr
PP29:
Wenn der Ziegenpeter Fußball spielt
L. Eichner (Reutlingen, DE)
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Autor:innen:
L. Eichner (Reutlingen, DE)
S. Desiderato-Dorn (Reutlingen, DE)
L. Müller (Reutlingen, DE)
J. Hailer (Reutlingen, DE)
C. Schlegel (Reutlingen, DE)
Hintergrund
Mumps, auch „Ziegenpeter“ im Volksmund genannt, ist eine über Tröpfchen übertragbare Krankheit, die in Deutschland inzwischen relativ selten auftritt. Der bundesweite Inzidenzwert lag 2018 bei 0,6 / 100.000 Bewohner. Obwohl Mumps früher als Kinderkrankheit galt, wurde in den vergangenen Jahren eine Verschiebung der Mumpsfälle in das höhere Erkrankungsalter verzeichnet. Ende 2019 traten im Landkreis Reutlingen in einem Fußballverein vermehrt Mumpsfälle auf.
Methoden
Im Rahmen einer Mumpshäufung in einem Fußballverein wurden Ermittlungen von Seiten des Gesundheitsamtes Reutlingen durchgeführt. Da infizierte Spieler während der ansteckenden Phase mehrere Außenspiele hatten, wurden umfangreiche Umgebungsuntersuchungen auch auf die gegnerischen Mannschaften ausgeweitet.
Alle engen Kontaktpersonen sowie deren Gegenspieler wurden aufgefordert, ihren Impfstatus zu überprüfen und ggf. ausstehende Mumpsimpfungen nachzuholen. Enge Kontaktpersonen, die nicht geimpft werden konnten (z.B. Säuglinge), wurden von der Teilnahme an Veranstaltungen ausgeschlossen. Urin- und Rachenproben von Verdachtsfällen wurden zur labordiagnostischen Untersuchung an das Nationale Referenzzentrum im Robert Koch Institut (RKI) geschickt.
Ergebnisse
Über ein Zeitfenster von 7 Wochen wurden 8 Mumpsfälle im Zusammenhang mit einem Fußballverein festgestellt; 7 davon waren laborbestätigt. Die Betroffenen waren ausschließlich Männer im Alter von 21-37 Jahren (mittleres Alter 31Jahre). Bei 3 Fällen lag ein vollständiger, bei 2 ein unvollständiger Impfschutz vor. Die Symptome reichten von Erkältungssymptomen bis hin zur klassischen Parotisschwellung. Bei einem Betroffenen wurde eine Orchitis diagnostiziert.
Während der ansteckenden Phase nahmen die infizierten Spieler an 6 Auswärtsspielen und 3 privaten Feiern teil. Eine Virusübertragung erfolgte überwiegend im Sportverein des Indexfalls und in dessen engem sozialen Umfeld. In gegnerischen Mannschaften wurden keine Mumpsfälle gemeldet. Untersuchungen am RKI ergaben, dass alle Mumpsfälle sich mit dem Virus-Wildtyp C infiziert hatten.
Diskussion
Da Mumps relativ selten geworden ist, sind viele Hausärzte wenig vertraut mit der labordiagnostischen Sicherung der Verdachtsdiagnose Mumps. In Anbetracht der hohen Impfdurchbruchrate bei vollständig geimpften Personen (ca. 20%) ist eine vermehrte Aufklärungsarbeit erforderlich. Bestehende Impflücken bei jungen Erwachsenen sollten durch gezielte Catchup-Kampagnen reduziert werden.
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08:45 Uhr
PP30:
Dokumentenanalyse zur Identifikation von Informationsbedarfen und Erwartungen an Surveillancedaten in der SARS-CoV-2-Pandemie
K. Usipbekova (Hannover, DE)
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Autor:innen:
K. Usipbekova (Hannover, DE)
M. Scharlach (Hannover, DE)
J. Dreesman (Hannover, DE)
Hintergrund: Die zeitnahe Bereitstellung von wissenschaftlich gesicherten Fachinformationen für politische Entscheidungsträger war in der SARS-CoV-2 Pandemie von fundamentaler Bedeutung. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) fungierte in Niedersachsen als zentrale Informations- und Beratungsstelle für diverse Fragestellungen des Pandemiemanagements. Zur Vorbereitung auf zukünftige Pandemien wurden die Anfragen der Landesregierung an das NLGA hinsichtlich der Häufigkeit der abgefragten Themen und der sich daraus ergebenden Anforderungen an die pandemische Surveillance untersucht.
Methoden: Die Bezeichnung „Anfrage“ umfasst alle Anforderungen von Informationsbeschaffung, Bewertung oder Zuarbeit, die von Einrichtungen der Landesregierung per Email über ein Funktionspostfach an das NLGA gerichtet wurden. Für die Anfragen vom 27.01.2020 bis 22.09.2021 wurde eine Dokumentenanalyse durchgeführt. Analysiert wurden die Art der Anfrage und das Hauptthema. Die Auswertungen beinhalten Mehrfachzählungen der Anfragen.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 309 Anfragen erfasst, davon 38% Zuarbeiten zu Landtagsanfragen. Die am häufigsten abgefragten Themen waren: Testen/Diagnostik (13.9%), Hygiene/Masken (12.4%), Fallzahlen/Maßzahlen/Meldewesen (12.4%), Impfen (10.6%) und Schule/Kita (9.3%). Den geringsten Anteil hatten die Themen Therapie (0.9%), Schlachthöfe (1.5%), Gastronomie (2.0%) und Marginalisierte Personengruppen (2.0%). In der Rubrik Fallzahlen/Maßzahlen/Meldewesen beliefen sich die Anfragen zu methodischen Aspekten auf 66% und zu konkreten Werten der Maßzahlen auf 44%.
Diskussion: Während der SARS-CoV-2 Pandemie wurden von den politischen Entscheidungsträgern in erheblichem Maße fachliche Bewertungen und epidemiologische Informationen nachgefragt. Der hohe Anteil der Zuarbeiten zu Landtagsanfragen zeigt den Einfluss des politischen Diskurses auf das Spektrum der Anfragen. Anfragen zu Surveillance-Daten setzten häufig eine Vollständigkeit und Detailgenauigkeit der Informationen zur Infektionsquelle voraus, die das IfSG-Meldewesen bei der gleichzeitig hohen Anzahl von Meldefällen nicht leisten konnte. Für das Management zukünftiger Pandemien wäre es hilfreich, wenn Daten aus weiteren Datenverarbeitungssystemen, z.B. zu Krankenhausbehandlungen oder Impfungen, über Schnittstellen in das Meldesystem übernommen werden könnten.
08:50 Uhr
PP31:
SARS-CoV-2-Attackrate auf Flugreisen: Ergebnisse zu 46 Flügen aus der Kontaktpersonennachverfolgung in Deutschland, Januar - März und Juni - August 2020
J. Baum (Berlin, DE)
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Autor:innen:
A. Rohde (Berlin, DE)
M. Schöll (Berlin, DE)
J. Seidel (Berlin, DE)
J. Baum (Berlin, DE)
M. an der Heiden (Berlin, DE)
Hintergrund
Die Evidenz zur Häufigkeit einer SARS-CoV-2 Übertragung auf Flugreisen ist lückenhaft. Ziel der folgenden Untersuchung war daher, die Attackrate für den SARS-CoV-2 Wildtyp nach Exposition im Flugzeug zu schätzen. Die Ergebnisse sollen die wissenschaftliche Grundlage für die Anpassung künftiger Strategien für nicht-pharmakologische Interventionen (NPI) auf Flugreisen verbessern.
Methoden
Zuständige Gesundheitsämter (GÄ) in Deutschland wurden nach ihren Ermittlungsergebnissen aus Flug-assoziierten Kontaktpersonennachverfolgungen befragt. Eingeschlossen in die Befragung wurden die Daten von GÄ solcher Flug-assoziierten Kontaktpersonen, welche das Team Internationale Kommunikation des Lagezentrums am Robert Koch-Institut im Rahmen der internationalen Kontaktpersonennachverfolgung an die zuständigen GÄ in Deutschland weitergeleitet hatte. Beobachtungszeiträume waren Januar bis März sowie Juni bis August 2020 (vor bzw. nach der allgemeinen Maskenpflicht auf Flugreisen).
Aus der bestehenden Dokumentation der GÄ wurde erhoben, ob die Kontaktpersonen erfolgreich erreicht werden konnten, Symptome entwickelt hatten, auf SARS-CoV-2 getestet wurden und ob eine weitere SARS-CoV-2 Exposition außer der Flugreise bekannt war.
Ergebnisse
Für die Berechnung der Attackrate war die Datenqualität für 108 Personen ausreichend. 13 Personen (davon neun SARS-CoV-2 positiv) wurden aufgrund einer bekannten, weiteren Exposition außer der Flugreise von der Analyse ausgeschlossen. Die verbliebenen 95 Personen (Altersmedian 37, Interquartilsabstand, IQA 24-54; 42% weiblich), verteilten sich auf 46 Flüge mit einer Flugdauer von durchschnittlich 3 Stunden (IQR 2-3,5). 8/76 Personen mit Angaben dazu entwickelten Symptome, 35/68 Personen mit Angaben dazu wurden getestet. Es konnten vier wahrscheinliche, Flug-assoziierte Übertragungen (zwei davon nach Einführung der Maskenpflicht) identifiziert werden. Die Attackrate betrug 4,2% (4/95; 95% Konfidenzintervall, KI: 1,4-11,0%) insgesamt, 5,1% (2/39; 95% KI 0,9-18,6%) vor sowie 3,6% (2/56, 95% KI 0,6-13,4%) nach Einführung der Maskenpflicht.
Diskussion
Das Risiko einer Ansteckung mit Wildtyp-SARS-CoV-2 auf Flugreisen scheint gering, aber nicht vernachlässigbar. Für die Formulierung einer effektiven, evidenzbasierten NPI Strategie bedarf es weiterer Studien, welche den Einfluss sowohl besorgniserregender Varianten als auch des Impfstatus der Kontaktpersonen berücksichtigen.
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08:55 Uhr
PP32:
Compliance in häuslicher Quarantäne – Bekanntheit, Umsetzung und Schwierigkeiten der behördlich angeordneten Quarantänemaßnahmen im Rahmen der SARS-CoV2-Pandemie in Köln
A. Kossow (Köln, DE)
Details anzeigen
Autor:innen:
L. Broichhaus (Köln, DE)
B. Grüne (Köln, DE)
J. Nießen (Köln, DE)
G. Wiesmüller (Köln, DE)
C. Joisten (Köln, DE)
A. Kossow (Köln, DE)
Hintergrund:
Die Eindämmung der SARS-CoV2 Pandemie stellt eine der größten Herausforderungen für die Gesundheitsbehörden dar. Insbesondere vor Beginn der Impfkampagnen waren Isolations- und Quarantänemaßnahmen für Infizierte (IP) und deren enge Kontaktpersonen (KP) die wichtigsten Instrumente. Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahmen ist deren konsequente Umsetzung.
Methodik:
Im Rahmen der CoCo-Fakt-Studie (Cologne-Corona Beratung und Unterstützung Für Index-und KontAKt-Personen während der Quarantäne-ZeiT) wurden IPs und KPs, die sich im Zeitraum von März bis 9.12.20 in behördlich angeordneter Quarantäne befanden, anhand eines online-Fragebogens zur Bekanntheit (ja/nein), Umsetzung (voll und ganz bis überhaupt nicht umgesetzt) der 3 öffentlichkeits- bzw. 5 haushaltsbezogenen Empfehlungen des Robert Koch Instituts sowie zu aufgetretenen Schwierigkeiten (sehr schwer bis überhaupt nicht schwer gefallen) befragt. Aus den Angaben zu jeder Empfehlung wurden 0-5 Punkte vergeben und daraus Scores zur Berechnung der öffentlichkeits- bzw. haushaltsbezogenen Compliance errechnet. Von den 13.057 Personen der CoCo-Fakt-Stichprobe konnten 9.595 (3773 IPs und 5822 KPs) in die Analyse einbezogen werden.
Ergebnisse:
88,8% der Befragten waren die 3 öffentlichkeitsbezogenen Empfehlungen bekannt (Zuhause bleiben, keinen Besuch empfangen, kein Kontakt zu Lieferdiensten). Dagegen gaben nur 55,8% an, die wichtigsten 5 haushaltsbezogenen Empfehlungen zu kennen. Bei der Umsetzung der bekannten Empfehlungen wurde eine durchschnittliche Compliance von 92,8% bzw. 68,8% in Bezug auf die öffentlichkeitsbasierten bzw. haushaltsbasierten Empfehlungen erreicht. Leicht umsetzbar waren die Empfehlungen zum regelmäßigen Händewaschen (91,0% (überhaupt) nicht schwer gefallen) und Lüften (88,7% (überhaupt) nicht schwer gefallen), schwer waren der Aufenthalt in einem Einzelzimmer (56,5% (sehr) schwer gefallen) und das Einhalten von 1,5m Abstand zu anderen Haushaltsmitgliedern (38,6% (sehr) schwer gefallen).
Schlussfolgerungen:
Nicht allen unter behördlicher Quarantäne stehenden Personen sind die relevanten Verhaltensempfehlungen bekannt. Dies betraf vor allem die Hinweise für Maßnahmen im eigenen Haushalt. Vor dem Hintergrund hoher Übertragungsraten inkl. Durchbruchsinfektionen innerhalb eines Haushaltes sollten daher insbesondere die Empfehlungen zur Absonderung von anderen Haushaltsmitgliedern mit Nachdruck kommuniziert werden.
09:00 Uhr
PP33:
Surveillance während einer Pandemie: SARS-CoV-2 Fall- und Kontaktpersonennachverfolgung mit grenzüberschreitendem Bezug in Deutschland, 2020
I. Sperle-Heupel (Berlin, DE)
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Autor:innen:
I. Sperle-Heupel (Berlin, DE)
R. Lachmann (Berlin, DE)
U. Koppe (Berlin, DE)
N. Litzba (Berlin, DE)
R. Vonderwolke (Berlin, DE)
N. Püschel (Berlin, DE)
J. Baum (Berlin, DE)
L. Ghebreghiorghis (Berlin, DE)
G. Steffen (Berlin, DE)
U. Rexroth (Berlin, DE)
M. an der Heiden (Berlin, DE)
T. Schneider (Berlin, DE)
I. Markus (Berlin, DE)
Einleitung
Informationen zu SARS-CoV-2 Fällen und Kontaktpersonen (KP) mit grenzüberschreitendem Bezug wurden bislang nicht systematisch gesammelt und ausgewertet. Daher haben wir die Vorgänge der grenzüberschreitenden Fall- und Kontaktpersonennachverfolgung, die durch das Lagezentrum des Robert Koch-Institut (RKI) bearbeitetet wurden, systematisch ausgewertet. Das Ziel war, zu untersuchen, ob die systematische Analyse dieser Daten einen zusätzlichen Mehrwert zur aktuellen SARS-CoV-2 Surveillance darstellen kann.
Methoden
Alle übermittelten Daten zu Fall- und Kontaktpersonennachverfolgung mit grenzüberschreitendem Bezug wurden unter einer individuellen Kennnummer in einer Excelliste dokumentiert. Daten für den Zeitraum 06.04-27.10.2020 wurden hinsichtlich der erfassten Informationen zu Fällen und KP (inkl. Datum und Setting der Exposition wie Expositionsland, Kommunikationsweg, Datum für positiven Test) extrahiert und deskriptiv analysiert.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 4.359 Vorgänge erfasst. Deutschland initiierte die Kommunikation 2.897 Mal und andere Länder 1.462 Mal. Am häufigsten kamen die Informationen aus Österreich (N=656) und der Schweiz (N=212). Im Rahmen von 2.791 Vorgängen wurden 11.165 KP übermittelt, wobei bei 51,1% mindestes zwei KP übermittelt wurden (Median: 3, Interquartilsabstand IQA: 2-5). In 1.692 Vorgängen wurden Informationen zu 2.502 COVID-19 Fällen (laborbestätigt) übermittelt, wobei bei 18,7% (n=316) mindestens zwei Fälle übermittelt wurden (Median: 2, IQA: 2-3).
Der mögliche Expositionskontext war für 1.779 Vorgänge bekannt, am häufigsten wurden „private Zusammenkünfte“ (33,6%) und „Flüge“ (33,2%) genannt. Die häufigsten Expositionsländer im Ausland waren Österreich (N=451), Kosovo (N=179) und die Schweiz (N=130). Die zeitliche Verzögerung zwischen Expositionsdatum und Berichtsdatum für KP an das RKI waren 6 Tage (Median, IQA: 4-8), und für Fälle 3 Tage (Median, IQA: 2-4) zwischen Labornachweis und Bericht an das RKI.
Schlussfolgerungen
Die systematische Betrachtung von Informationen zu Fällen und KP mit grenzüberschreitendem Bezug können die Routinesurveillance v.a. hinsichtlich der häufigsten Expositionskontexte und -länder ergänzen. Darüber hinaus bietet die Beschreibung der Zeiträume im Nachverfolgungsprozess die Möglichkeit, Verzögerungen zu beschreiben und bei Bedarf entsprechend zu adressieren. Diese Informationen können zu einem umfassenderen Bild des pandemischen Geschehens und der Wirksamkeit entsprechender Maßnahmen beitragen.
09:05 Uhr
PP34:
Altersspezifische Verlaufsanalyse der Corona-Pandemie im Bezirk Berlin-Neukölln
B. Krutz (Berlin, DE)
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Autor:innen:
B. Krutz (Berlin, DE)
L. Plamp (Berlin, DE)
J. Markus (Berlin, DE)
J. Adam (Berlin, DE)
D. Paul (Berlin, DE)
K. Weber (Berlin, DE)
S. Feller (Berlin, DE)
N. Savaskan (Berlin, DE)
Abstract
SARS-CoV-2 hat als Infektionskrankheit von nationaler Tragweite seit März 2020 die Arbeit deutscher Gesundheitsämter dominiert. Dabei obliegt den kommunalen Gesundheitsämtern die Aufgabe des Containments des Infektionsgeschehens und der Protektion vulnerabler Bevölkerungsgruppen.
Eine vulnerable Gruppe, die weniger durch das Infektionsgeschehen als vielmehr durch die Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen beeinflusst wurde, sind die Kinder und Jugendlichen. Neukölln gehört mit über 330.000 Einwohnern zu den 20 Stadt- bzw. Landkreisen mit der höchsten Bevölkerungszahl und dem größten Anteil an unter 20-Jährigen in Deutschland.
Hier stellen wir die Daten zur Alters- und Zeitverteilung der positiven Fälle sowie deren Kontaktpersonen über die vier Wellen der SARS-CoV-2-Pandemie vor. Dabei fokussieren wir uns insbesondere auf die Bevölkerungsgruppe der unter 20-Jährigen. Wir korrelieren die Fallzahlentwicklung mit den gesetzlichen Eindämmungsmaßnahmen und Verordnungen, und deren Effekt auf die Berliner Schul- und Kitaversorgung.
Auffallend ist, dass Neukölln in allen vier Infektionswellen den bundesdeutschen Trend wie ein Gradmesser zeitlich vorwegnimmt. Die Gründe hierfür sind derzeit Gegenstand weiterer Analysen.
Die altersspezifische Betrachtung der Inzidenzentwicklung in Neukölln kann wesentlich dazu beitragen, die Dynamik der Pandemie zu dechiffrieren, und Überlegungen hinsichtlich der Korrelation der Daten verschiedener Altersgruppen anzustellen. In diesem Papier diskutieren wir die Fallzahlentwicklung und den Impact der Maßnahmen insbesondere bezüglich der Altersgruppen unter 20 Jahren. Wir geben einen Ausblick auf die Aufgaben des KJpD sowie des KJGD in der Aufarbeitung der Pandemie und diskutieren mögliche Schwerpunkte zukünftiger Präventionsarbeiten im Kinder und Jugendbereich.
09:10 Uhr
PP35:
Covid-19-Ausbruch mit Durchbruchsinfektionen während einer Jugendreise nach Dänemark im Juli 2021 mit der Delta-Untervariante AY.6
J. Schreiber (Hamburg, DE)
A. Weidlich (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
J. Schreiber (Hamburg, DE)
S. Adnani (Hamburg, DE)
U. Stücker (Hamburg, DE)
A. Weidlich (Hamburg, DE)
G. Rieger-Ndakorerwa (Hamburg, DE)
Einführung: Am 20. Juli 2021 wurde das Gesundheitsamt Eimsbüttel vom Organisator einer Jugendreise über einen Covid-19-Ausbruch in einer Ferienhausanlage auf dem Gebiet der Kommune Alborg in Dänemark informiert. Aus der 101 Personen umfassenden Gruppe von überwiegend Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Hamburg und Schleswig-Holstein konnten 97 Personen getestet werden. Diese Ausbruchsuntersuchung wurde durchgeführt, um die Ansteckungsrate der Delta-Variante und den Schutz der Impfung vor der Infektion besser zu verstehen.
Methode: Die Daten wurden mit Hilfe des Hamburger Pandemiemanager erfasst. Darüber hinaus wurde mit zwei Organisatoren der Reise ein qualitatives Leitfadeninterview durchgeführt, um die Reiseumstände und den Ablauf des Ausbruchs zu eruieren. Um das Ausbruchsgeschehen besser zu verstehen, wurde eine Vollgenomsequenzierung bei den im Bezirk wohnhaften bzw. in Isolation befindlichen Personen organisiert.
Ergebnisse: In 89 Fällen lag ein Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) positives Ergebnis vor, in einem weiteren symptomatischen Fall wurde die Infektion durch einen später durchgeführten Antikörpertest bestätigt. Die Ansteckungsrate betrug somit 92,8% (90/97). Vierzehn Personen waren zum Zeitpunkt der Reise vollständig geimpft, von diesen erkrankten neun Personen, so dass die Impfungen insgesamt nur einen 36%igen Schutz boten und die Ansteckungsrate für ungeimpfte Personen (n=80 ) und einmalig geimpfte Personen (n=3 ) bei 97,6% (81/83) lag. Die Genomsequenzierung, die in 17 Fällen durchgeführt werden konnte, ergab identische Muster der Deltavariante, dieser Umstand lässt auf eine einzige Infektquelle schließen. Der im September 2021 durchgeführte Abgleich mit der GISAID Datenbank ergab, dass es sich bei allen 17 Proben um die Delta-Sublinie AY.6 handelt.
Schlussfolgerungen: Dieser Ausbruch unterstreicht die hohe Ansteckungsfähigkeit der SARS-CoV-2 Delta-Variante der Sublinie AY.6 sowohl bei ungeimpften wie bei geimpften Personen. Daher werden nicht-pharmazeutische Interventionen (AHA-L) in Situationen mit unklarem Risiko und einer weitgehend ungeimpften Kohorte empfohlen. Auch zeigt diese Fallstudie, dass eine Impfung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dringend zu empfehlen ist. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass eine rasche Isolierung und Quarantäne infizierter und exponierter Personen Sekundärinfektionen reduzieren und das Risiko schwerer Erkrankungen in Hochrisikogruppen verringern kann.
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09:15 Uhr
PP36:
Die NaLI online: Beitrag der Website der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen in der Corona-Pandemie und bei der Fortschreibung des Nationalen Impfplans
E. Gottwald (Erlangen, DE)
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Autor:innen:
E. Gottwald (Erlangen, DE)
J. Milbradt (Erlangen, DE)
S. Speiser (Erlangen, DE)
L. Lechler (Erlangen, DE)
B. Kouros (Erlangen, DE)
U. Nennstiel (Erlangen, DE)
B. Liebl (Erlangen, DE)
C. Höflich (Mainz, DE)
K. Jahn (Mainz, DE)
S. Totsche (Wiesbaden, DE)
M. Trost (Wiesbaden, DE)
M. Ludwig (Erlangen, DE)
Hintergrund
Die von Bund und Ländern 2016 etablierte NaLI wirkt im Auftrag der Gesundheitsministerkonferenz an der Umsetzung des Nationalen Impfplans (NIP) und an dessen Fortschreibung mit. Dazu gehört auch, die Öffentlichkeit über das Impfwesen in Deutschland mit den verantwortlichen Institutionen und Akteuren zu informieren. Diese Aufgabe wird durch die Website www.nali-impfen.de adressiert, welche im Mai 2019 online gegangen ist. Die NaLI-Website wird von der Geschäftsstelle im Austausch mit dem NaLI-Vorsitz für die Zielgruppe der am Impfthema interessierten (Fach-)Öffentlichkeit ausgebaut und aktualisiert.
Ergebnisse und Sachstand
Als Lotsenseite zum Impfwesen bietet die NaLI-Website einen Überblick über Kampagnen und Regelungen in den Bundesländern und stellt Verantwortlichkeiten dar. Sie vermittelt die Schwerpunkte des NIP sowie die Arbeit der NaLI. Durch Aktualisierung der betreffenden Website-Kapitel wird gleichzeitig der NIP fortgeschrieben, wie z.B. bei der aktualisierten Impfschadensstatistik der Länder. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden der NaLI-Website sukzessive weitere Aspekte hinzugefügt. Dazu gehörten anfangs der aktuelle Sachstand der Impfstoffentwicklung und später u.a. Informationen zur Covid-19-Impfung oder dem auf EU-Ebene abgestimmten digitalen Impfzertifikat. Dabei gibt die Website den wissenschaftlichen Konsens der Fachgremien wieder. Eine E-Learning-Fortbildung für Ärzte, med. Fachpersonal und Interessierte zum Thema Covid-19-Impfungen wurde unter Mitwirkung vieler NaLI-Mitglieder und der Geschäftsstelle erstellt und ist auf der Website verlinkt. Ein geschützter Zugangsbereich für berechtigte Mitglieder trägt zudem zum unkomplizierten Austausch von wesentlichen Informationen für Bund und Länder während der Corona-Pandemie bei. Die aktuellen Themen der Website werden auch auf der von Hessen und Rheinland-Pfalz ausgerichteten 7. Nationalen Impfkonferenz im Juni 2022 in Wiesbaden aufgegriffen.
Fazit
Durch die Website präsentiert sich die NaLI der Öffentlichkeit als vertrauenswürdiger Akteur des deutschen Impfwesens und erfüllt als Lotse zu Bund, Ländern und Institutionen ein Alleinstellungsmerkmal. Über umfassende und unabhängige Informationen wird hier ein Statement für den Impfgedanken abgegeben. Die Weiterentwicklung des NIP wird durch die regelmäßige Überarbeitung der Website-Inhalte realisiert. Die Website trägt damit zur Öffentlichkeitsarbeit der Covid-19-Impfkampagne bei.
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09:20 Uhr
PP37:
Die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und reiseimportierte Arbovirosen in Baden-Württemberg 2015 bis 2021
T. Orgassa (Stuttgart, DE)
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Autor:innen:
T. Orgassa (Stuttgart, DE)
M. Meincke (Stuttgart, DE)
A. Jöst (Speyer, DE)
X. Augsten (Speyer, DE)
B. Pluskota (Speyer, DE)
N. Becker (Speyer, DE)
S. Thomas (Bayreuth, DE)
C. Wagner-Wiening (Stuttgart, DE)
Situation: Seit 2015 wird das Auftreten lokaler Populationen der vektorkompetenten Stechmücke Aedes albopictus in Baden-Württemberg beobachtet. Die Zunahme der Nachweise von Ae. albopictus in verschiedenen Landkreisen erhöht das Risiko von autochthonen Arbovirus-Infektionen über virämische Reiserückkehrer. Seit 2001 besteht die Meldepflicht laut Infektionsschutzgesetz (IfSG) für Denguefieber, seit 2017 für weitere Arbovirosen.
Methoden: Mittels Modellierungen wurden klimatisch geeignete Gebiete für die Ansiedlung von Ae. albopictus (Gunsträume) bestimmt. Die Vorkommen von Ae. albopictus wurden anhand von aktivem sowie passivem Monitoring erfasst.
Die Analyse der reiseimportierten Arbovirosen erfolgte anhand von nach IfSG übermittelten Meldedaten.
Ergebnisse: In mind. 15 von 22 gut geeigneten Gunsträumen wurde Ae. albopictus nachgewiesen. Zusätzlich wurden drei Nachweise in mittelmäßig geeigneten Gunsträumen geführt. Die Anzahl positiv getesteter Fallen hat von 2015 mit 32% auf 44,6% in 2020 zugenommen. Die Anzahl der Tigermücken-Funde in den Fallen ist in diesem Zeitraum angestiegen. In den Jahren 2015 bis 2019 wurden in den Monaten Mai bis September 25 bis 56 Fälle von Arbovirus-Infektionen in Gunsträumen mit Ae. albopictus Vorkommen übermittelt, je ein Fall in 2020 und 2021. In allen Land- und Stadtkreisen Baden-Württembergs wurden von 2015 bis 2021 von 288 Meldungen von Denguefieber 185 (64%)mittels Antigen- bzw. RNA-Nachweis direkt nachgewiesen.
Diskussion: Die Anzahl von bestätigten Ae. albopictus Nachweisen hat seit 2015 zugenommen. Direkte Erreger-Nachweise zeigen, dass ein Übertragungsrisiko über infizierte Reiserückkehrer bestehen kann. Die Ergebnisse zeigen ein steigendes Risiko von möglichen autochthonen Übertragungen bei klimatisch geeigneten Bedingungen in der Stechmückensaison. Schlussfolgerung: Das Monitoring von Ae. Albopictus in Gunsträumen und die Surveillance von Arbovirosen sind wichtige Instrumente zur fortlaufenden Bewertung des Risikos autochthoner Infektionen und zur frühzeitigen Erkennung von autochthonen Übertragungen und zur Verhinderung von Ausbrüchen. Eine nachhaltige intersektorale Zusammenarbeit und Etablierung von Monitoring- und Bekämpfungsmaßnahmen von Ae. Albopictus ist hierbei anzustreben.
09:25 Uhr
PP38:
"Connect One Health Data for Integrated Disease Prevention" – Vorstellung des Projektes und erste Ergebnisse
K. Hille (Hannover, DE)
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Autor:innen:
K. Hille (Hannover, DE)
G. van Mark (Oldenburg, DE)
A. Schnepf (Hannover, DE)
K. Kunze (Oldenburg, DE)
M. Scharlach (Hannover, DE)
K. Nordhoff (Oldenburg, DE)
E. Haunhorst (Oldenburg, DE)
J. Dreesman (Hannover, DE)
L. Kreienbrock (Hannover, DE)
Obwohl etwa 2/3 der Infektionskrankheiten beim Menschen durch Zoonoseerreger verursacht werden, ist die gemeinsame Überwachung von Infektionsereignissen bei Menschen und Tieren weiterhin die Ausnahme. Auch viele antibiotikaresistente Erreger sind als One-Health-relevant zu bewerten. Um Monitoring und Surveillance von zoonotischen und antibiotikaresistenten Erregern zu verbessern, zielt das Projekt "Connect One Health Data" darauf ab, Daten aus dem Gesundheitswesen und der Veterinärbehördlichen-Überwachung zu integrieren (www.one-health-hannover.de).
Im Rahmen des Projektes werden zu Datenquellen aus Deutschland und Niedersachsen, die Informationen zu zoonotischen und antibiotikaresistenten Erregern enthalten, Metadaten erfasst. Auf Ebene der Datenquelle werden z.B. die untersuchte Population, der Zweck der Datensammlung und die Verfügbarkeit der Daten erfasst. Zu allen relevanten Erregern werden weitere Informationen wie die Labormethode oder zeitliche und räumliche Auflösung der Daten aufgenommen. Die Machbarkeit einer gemeinsamen Analyse von Daten aus verschiedenen Routinedatensammlungen (integrierten Datenanalyse) soll in Anwendungsfällen getestet und bewertet werden. Dies beinhaltet auch eine juristische, datenschutzrechtliche Prüfung.
Bislang wurden 36 One Health-relevante Datenquellen aufgenommen. Davon 16 aus dem Bereich Humanmedizin und Gesundheitswesen, 17 aus dem Bereich der veterinärbehördlichen Überwachung (Tiere, Betriebe, Lebensmittel, Futter) und 3 Datenquellen aus dem Bereich Umwelt. Ein erstes Ergebnis des Projektes ist eine Datenbank in der diese Datenquellen dokumentiert sind. Die Projekt-Datenbank ermöglicht die Suche nach Datenquellen, in denen bestimmte Erreger dokumentiert sind. In der Datenbank sind aktuelle mehr als 300 Erreger-Datensätze enthalten, die 150 unterschiedliche Erregerarten abbilden. Die Erreger, die in den meisten Datenquellen (DQ) vorkommen sind, E. coli (13 DQ), Campylobacter (9 DQ), MRSA (9 DQ), Salmonella (9 DQ), Staphylococcus (8 DQ).
Neben der Erfassung weiterer Datenquellen werden derzeit am Beispiel von Campylobacter spp. Originaldaten auf Datenqualität und -vollständigkeit geprüft und analysiert, ob es z.B. zeitliche Zusammenhänge von Nachweisen in unterschiedlichen Datenquellen gibt.
Im Rahmen des BVÖGD-Kongresses möchten wir einen Überblick der One Health-relevanten Datenquellen in Deutschland und Niedersachsen geben und die aktuellen Ergebnisse der Datenanalyse vorstellen.
09:30 Uhr
PP39:
Risikomanagementplan – Toolbox zum Management von Nagetierübertragenen Erkrankungen
C. Klier (Hannover, DE)
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Autor:innen:
C. Klier (Hannover, DE)
O. Kazasidis (Münster, DE)
J. Dürger (Münster, DE)
C. Imholt (Münster, DE)
J. Jacob (Münster, DE)
S. Schmitz (Hannover, DE)
J. Dreesman (Hannover, DE)
Hintergrund:
Nagetierübertragene Erkrankungen treten räumlich und zeitlich heterogen auf und können punktuell zu erheblicher Krankheitslast führen. Die individuelle Exposition hängt stark vom Verhalten ab. Aufgrund der geringen nationalen Inzidenz und teilweise unspezifischen Symptomen werden die Krankheiten z.T. nicht adäquat oder erst verspätet diagnostiziert und therapiert. Vor diesem Hintergrund besteht ein erhebliches Potential zur primären und sekundären Prävention. Der seit 2017 geförderte interdisziplinäre RoBoPub-Forschungsverbund untersucht unter anderem die Epidemiologie von Hantaviren und Leptospiren und deren Nutzung in Prognosemodellen für humane Erkrankungen. Die Erkenntnisse des Projektes sollen bei gehäuftem Auftreten eine schnelle und adäquate Reaktion des ÖGD und anderer Akteure ermöglichen.
Methodik:
Für Hantavrius Erkrankungen entwickelte das JKI abhängig von dynamischen ökologischen Faktoren ein statistisches Vorhersagemodell. Auf einer Karte konnte damit das prognostizierte Risiko für betroffene Landkreise dargestellt werden. Durch das NLGA wurden Materialien aus früheren Häufungen nagetierübertragener Krankheiten zusammengetragen und für eine zukünftige Verwendung aufbereitet. Bedürfnisse des ÖGD und weiterer Akteure wurden durch Workshops auf BVÖGD-Kongressen ermittelt.
Ergebnisse:
Mit dem Prognosemodell wird zum Herbst eines jeden Jahres eine Prognose für das Risiko für das Auftreten von humanen Hantavirusfällen im kommenden Jahr abgegeben. Die Risikokarte für Niedersachsen ist aktuell auf der Homepage des NLGA eingestellt. Es werden Vorlagen für folgende Dokumente, die in einem Risikomanagementplan hinterlegt sind, zur Verfügung gestellt: Informationsmaterialien für Bürger, Presseinformationen, Anschreiben an Ärzte, Fragebögen für Betroffene, Kontaktdaten von Behörden, Laboren etc..
Schlußfolgerung:
Aufgrund der Prognoseergebnisse mit einem vorläufigen Modell wurde für 2021 eine Pressearbeit für eine von Hantavirus betroffene Region in Niedersachsen durchgeführt.
Das im Leitfaden beschriebene enge Zusammenspiel verschiedener Akteure fand des Weiteren erfolgreich Anwendung bei der Untersuchung eines ungewöhnlichen Hantavirus-Ausbruchs sowie des ersten Nachweises einer autochthonen Seoul-Hantavirus-Infektion in Deutschland. Weitere Perspektiven sind die Erweiterung auf weitere nagetier- oder vektorübertragene Krankheiten sowie die stärkere Einbindung sozialer Medien.
09:35 Uhr
PP41:
Epidemiologie der Tuberkulose früher und heute
O. Bock-Hensley (Dossenheim, DE)
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Autor:innen:
O. Bock-Hensley (Dossenheim, DE)
S. Steinke (Heidelberg, DE)
C. Denkinger (Heidelberg, DE)
Einleitung
Die Tuberkulose ist fast so alt wie die Menschheit. Das Tuberkulose-Museum in Heidelberg zeigt mit vielen Exponaten das unendliche Leid, das durch die Erkrankung jahrhundertelang verursacht wurde.
Die Geschichte der Tuberkulose ist gekennzeichnet durch 2 wichtige Ereignisse:
Die Entdeckung der Tuberkulose-Bakterien durch Robert Koch (24.3.1882) und die Entdeckung der Antibiotika durch Gerhard Domagk (Deutschland) und Salman Waksmann (USA) ab ca. 1940.
Bis zu der Entdeckung der Antibiotika war die Tuberkulose nicht heilbar. Die Therapiemöglichkeiten waren sehr begrenzt. Behandlung in Heilstätten mit Liegekuren, reichlicher Ernährung, Lichttherapie und chirurgische Verfahren standen zur Verfügung.
Material und Methode:
Früher: Statistiken der Ära vor der Antibiotikaentwicklung zeigen die hohe Sterblichkeit in der Bevölkerung, die alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten betraf. Die Epidemiologie der Kindersterblichkeit an Tuberkulose und der Knochentuberkulose zeigen, welches Ausmaß die Erkrankung in der damaligen Zeit hatte.
Heute: Daten des RKI und der WHO verdeutlichen die aktuelle Epidemiologie der Tuberkulose. Deutschland ist ein Niedriginzidenzland. 2/3 aller Neuerkrankungen leben in 8 Ländern (Indien, China, Indonesien, Philippinen, Pakistan, Nigeria, Bangladesch und Südafrika). Weltweit sterben 1.5 Mio. Menschen jährlich an Tuberkulose oftmals wegen unzureichender Behandlung und Diagnostik. 10 Mio. Neuinfektionen werden jährlich registriert.
Ergebnis
Tuberkulose ist nach wie vor eine Erkrankung der Armut.
Tuberkulose ist die häufigste resistente Infektion. Durch die Entwicklung von Resistenzen (MDR, XDR) auf die Erst- und Zweit-Linien Medikamente ist die Heilung zunehmend erschwert.
Fazit
Das Tuberkulose- Museum HD zeigt mit vielen Statistiken, Exponaten und Bildern die Geschichte der Tuberkulose, die sich erst mit der Entwicklung von Antibiotika verbessert hat.
Die Arbeit der Sektion Infektions- und Tropenmedizin am UniversitätsKlinikum Heidelberg verdeutlicht, dass Tuberkulose hochaktuell und nicht eine Erkrankung der Vergangenheit ist.
Durch Corona SARS-CoV-2 hat sich die Tuberkulose-Situation in der Welt weiter verschlechtert, aber die Innovation, die durch COVID-19 vorangetrieben wurde, wird hoffentlich auch auf die Bekämpfung der Tuberkulose übertragen werden. Erst mit der Entwicklung weiterer Medikamente und einer Impfung kann das WHO- Ziel erreicht werden die Tuberkulose auszurotten.
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09:40 Uhr
PP43:
Flughafenmalaria bei zwei Beschäftigten am internationalen Flughafen Frankfurt am Main
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
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Autor:innen:
J. Schork (Frankfurt am Main, DE)
I. Wieters (Frankfurti, DE)
U. Götsch (Frankfurt, DE)
R. Gottschalk (Frankfurt, DE)
T. Wolf (Frankfurt, DE)
Anfang Oktober 2019 traten zwei schwere Fälle von Malaria tropica bei zwei männlichen Beschäftigten am Frankfurter Flughafen auf. Sie wurden beide in der Infektiologie/Tropenmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main behandelt und gaben keine Reisen in typische Endemiegebiete an. Eine erweiterte Anamnese ergab, dass beide Patienten für die selbe Service-Firma am Flughafen häufig gemeinsam in Nachtschichten eingesetzt werden und die Wartung im Außenbereich der Flugzeuge übernehmen. Einer der Patienten gab an im Expositionszeitraum zahlreiche Mückenstiche bemerkt zu haben. Die Analyse des parasitären Genotyps am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg bestätigte die Annahme, dass beide Patienten vom selben Stamm P. falciparum infiziert wurden. In der Umgebungsuntersuchung wurden keine weiteren Malaria-Fälle ausfindig gemacht. Bei der Begehung der Abfertigungshallen und des Vorfeldes wurde kein stehendes Wasser gesehen.
Es handelt sich bei der Flughafenmalaria um sehr seltene Ereignisse, die etwa einmal jährlich weltweit auftreten, weshalb diese Häufung von zwei Fällen ungewöhnlich ist. Bei akut erkrankten Beschäftigen des Flughafens sollte sie dennoch in der Diagnostik mitbedacht werden.
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09:45 Uhr
PP42:
Tuberkulose - Moulagen als medizinische Lehrmittel
O. Bock-Hensley (Dossenheim, DE)
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Autor:innen:
O. Bock-Hensley (Dossenheim, DE)
C. Denkinger (Heidelberg, DE)
Einleitung: Das Tuberkulose-Museum in Heidelberg wurde 1996 in Fulda von Dr. Robert Kropp gegründet und befindet sich seit 2011 im Rohrbacher Schlösschen auf dem Gelände der Thoraxklinik.
Die Tuberkulose ist eine Erkrankung, die Jahrhunderte lang ein unvorstellbares Leid mit sich brachte. Die Erkrankung ist erst seit ca. 1950 mit der Entdeckung der Antibiotika heilbar. Die Geschichte der Tuberkulose wird im Museum sehr anschaulich anhand von vielen Exponaten, Bildern, Statistiken, Röntgenbildern u. a. dargestellt.
Material und Methode: Im Tuberkulose-Museum Heidelberg befinden sich zahlreiche Moulagen, die sehr anschaulich die Tuberkulose-Erkrankung der Lunge, der Knochen, des Darmes u.a. darstellen. Moulagen sind meistens farbige dreidimensionale, lebensgroße Darstellungen von Körperteilen, die eine individuelle Wiedergabe von menschlichen Krankheitsbildern zeigen. Sie werden in einer Umkehrtechnik erstellt. Die Moulage wird über ein Negativ aus Gips, Silikon o. ä. hergestellt. Das Positive, die Moulage, aus Wachs wird anschließend bearbeitet und bemalt. Die Moulage wird auf einem Brett befestigt und mit weißen Stoffstreifen umrandet. Unterhalb der Moulage wird die Diagnose auf einem kleinen Etikett vermerkt.
Ergebnisse: Moulagen wurden hauptsächlich zwischen 1850 und 1950 als medizinische Lehrmittel eingesetzt und als Vorlage zur Bebilderung von Lehrbüchern benutzt.
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Moulagen durch Fotographien abgelöst und waren lange in Vergessenheit geraten. In zahlreichen Medizin- Historischen Museen werden heute Moulagen präsentiert.
Fazit: Die Moulagen im Tuberkulose-Museum Heidelberg sind historisch sehr wertvolle künstlerische Darstellung von Tuberkulose-Erkrankungen der Lunge und außerhalb der Lunge. Sie zeigen die unterschiedlichen Erkrankungsformen. Leider ist die Geschichte der Tuberkulose auch heute noch lange nicht abgeschlossen. Ca. 1.5 Mio. Menschen sterben heute pro Jahr an der Tuberkulose, obwohl eine gut wirksame Therapie existiert, meist in Ländern mit einer schlechten Gesundheitsversorgung. Erst mit einer effektiven Therapie und Impfung und besseren diagnostischen Tests wird es gelingen, die Tuberkulose auszurotten.
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